»LULU ON THE BRIDGE« Der blaue Stein
Paul Austers Regie-Debut Liebesfilme scheitern oft an dem Versuch, den Prozeß des Sich-Ineinander-Verliebens umzusetzen. Trotz Großaufnahmen, Weichzeichner und Geigen bleiben die großen Emotionen oft nur Behauptung. Der amerikanische Schriftsteller Paul Auster, der hier sein Debüt als Regisseur gibt, hält sich nicht lange mit "realistischen" Gefühlsbeschreibungen auf, sondern inszeniert Liebe als einfaches Wunder. Ein strahlend blauer Stein ist schuld, daß Celia (Mira Sorvino) und Izzy (Harvey Keitel) sich ineinander verlieben. Als die beiden ihn anfassen, werden sie vom Glück durchströmt und verfallen einander auf unumstößliche Weise. Wer Austers Bücher kennt, weiß, daß in seinen Geschichten der Zufall die treibende Kraft ist und daß seine Protagonisten sich ganz verlieren müssen, bevor sie sich finden. Izzy Maurer ist ein Jazz-Saxophonist und wird auf der Bühne von einem normalen New Yorker Irren angeschossen. Er überlebt, wird jedoch nie wieder spielen können. Nachts stolpert Izzy (zufällig) über eine Leiche, in deren Gepäck sich jener blaue Stein findet, der ihn geradewegs zu Celia und zu unverhofftem Liebesglück leitet. Dem privaten folgt das berufliche Glück: Die bisher erfolglose Schauspielerin Celia bekommt die Hauptrolle in einem modernen Remake von Wedekinds Die Büchse der Pandora . Als sie zu Dreharbeiten nach Irland reist, will ihr Izzy wenige Tage später folgen. Er wird jedoch von obskuren Gangstern entführt, die hinter dem blauen Glücksstein her sind. Zwischen Traum und Realität hat Paul Auster dieses wundersame Melodram angelegt. Wie seine Romane, so hält sich auch Austers Film nicht an die an die konventionellen Regeln des Storytellings. Die Geschichte erzählt sich auf verschiedenen Ebenen, macht einige unerhörte Schlenker und treibt manchmal auch etwas ziellos durch den Film. Realistisch versucht Lulu on the Bridge nie zu sein und darin liegt die eigentliche Stärke dieses Film, der auch dort noch nach neuen Bildern sucht, wo andere sich längst wehrlos den Klischees ergeben haben. .
Martin Schwickert
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