LUCY
Kinder mit Kindern Eine leise Beobachtung über Verantwortung und Leere im Leben
Die Geburt eines Kindes bringt das Leben in Bewegung - könnte man denken. Bei Maggy hingegen steht die Zeit still, seit ihre Tochter Lucy auf die Welt gekommen ist. Maggy (Kim Schnitzler) ist gerade einmal 18, und ihr wildes Teenagerdasein wurde durch die frühe Schwangerschaft ausgebremst. Sie wohnt mit dem Baby bei ihrer Mutter, die so aussieht als hätte sie ihre Tochter ebenfalls viel zu früh bekommen. Die Familiengeschichte der alleinerziehenden Mütter wiederholt sich, die gegenseitigen Vorwürfe spiegeln sich in angespanntem Schweigen.
An einem freien Abend lernt Maggy in einem Club Gordon (Gordon Schmidt) kennen. "Ich fühle mich irgendwie beobachtet", sagt er, als sie ein paar Tage später im engen Jugendzimmer zwischen Bravo-Postern und Babybett liegen. Aber Gordon findet sich überraschend schnell in der Situation zurecht, und schon bald ziehen Maggy und Lucy zu ihm in die aufgeräumte Zwei-Raum-Wohnung in Berlin-Friedrichshain. Die frisch Verliebten spielen ein bisschen Ehepaar, kaufen eine Waschmaschine, grillen Würstchen auf dem Balkon. Dabei kichern sie, denn die inszenierte Etablierung nehmen sie sich selbst nicht ganz ab.
Henner Wincklers Lucy ist als Lebensausschnittsvergrößerung angelegt. Vollkommen undramatisch zeichnet er ein präzises Bild davon, was es heißt, mit 18 die Verantwortung für ein Kind übernehmen zu müssen, obwohl man selbst nicht weiß, wohin mit sich und der Welt. Irgendwann sagt Gordon: "Ich habe mir das irgendwie relaxter vorgestellt", und Maggy hat dem kaum etwas entgegen zu setzen.
Es stimmt nicht immer, dass die Menschen mit der Verantwortung wachsen. Manchmal lähmt sie nur und hinterlässt eine schmerzende Leere im eigenen Leben. Lucy erzählt von der schwierigen Suche nach dem einfachen Glück und vom Achselzucken einer Generation, die von den Ansprüchen, die die Gesellschaft an sie stellt, überfordert ist. Der Film tut dies mit einer poetisch-realistischen Bildsprache, ganz ohne emotionale Bevormundung auf der Musikspur und mit der jungen Kim Schnitzer in der Hauptrolle, die in diesem verschwiegenen Film eine beeindruckende, schauspielerische Intensität und Glaubwürdigkeit entwickelt.
Martin Schwickert
D 2006 R&B: Henner Winkler K: Christine A. Maier D: Kim Schnitzer, Gordon Schmidt, Feo Aladag
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