»LOVE IS THE DEVIl«

Horror der Liebe

Ein Bio-Pic der anderen Art

In Panzerkreuzer Potemkin schreit eine Frau mit blutverschmiertem Gesicht während des Massakers auf der Treppe in Odessa frontal in die Kamera. Kurz zuvor wurde ihr durch einen Säbelhieb eine tiefe Schnittwunde im G esicht zugefügt.
Francis Bacon war von dieser Aufnahme fasziniert und verwendete sie fortwährend als Vorlage für seine eigenen Bilder. Bacons Bilder handeln von der ständigen Anwesenheit des Todes und der gleichzeitigen Unmöglichkeit, den eigenen Körper verlassen zu können. Jedem hysterischen Ausbruchsversuch folgt die geistige Leere, wie das Rauchen einer Zigarette nach dem Sex.Als Bacon gefragt wurde, ob er in seinen Bildern Gefühle zeige, antwortete er: "Ich zeige lieber zwei fickende Männer." Es sind massige Körper zu sehen, die miteinander ringen, um sich gegenseitig zu töten. "Love is the Devil".
Bacons Muse war George Dyer, ein kleiner Ganove aus dem Londoner East End. Eines Nachts bricht er in das Haus des Künstlers ein und stürzt durch ein Glasfenster in das Atelier hinab. Anstatt den Einbrecher der Polizei auszuliefern, macht Bacon ihn zu seinem Liebhaber.
Wenn zwei Substanzen miteinander kämpfen, dann gewinnt die Substanz, die es schafft, die andere von innen auszuhöhlen. Liebe ist kälter als Tod, und Sex ist Krieg.
Der Film von John Maybury taucht in die Bilderwelten von Bacon ein wie in ein stehendes Gewässer, das sich zum Grund hin immer stärker verdunkelt, bis sich schließlich die eigene Hand vor den Augen nicht mehr wiedererkennen läßt. Ihm gelingt eine Annäherung an das, was wir den Stil des Malers nennen. Für Bacon kam es darauf an, Farbe und Form so mit einander verschmelzen zu lassen, daß es ein Äquivalent zur momentan gesehenen Erscheinung gibt. Diese Erscheinung ist fern von dem, was wir die feste Identität eines Gegenstandes nennen. Er wollte die Erscheinung mit Hilfe der Gesamtheit der Empfindungen, die diese auslöst, einfangen.
Die im Mittelpunkt stehende Beziehung von Bacon und Dyer wird durch die Verwendung von Spezialeffekten erzählt, die zugleich den geistigen Zustand Dyers betonen und Elemente des Horrorfilms enthalten.de rjenige, der in den Träumen des Anderen gefangen sei, bezahle mit Fleisch und Blut, schrieb Deleuze. Bacon sagte über seinen Liebhaber: "I watch him while he is sleeping... a prisoner of dreams, fighting a battle he`s always going to lose...". Ähnlich wie bei Fassbinder gab es für ihn keine Schönheit ohne Schmerz.
Love is the Devil ist kein Liebesfilm, aber vielleicht gleicht das, was wir unter Liebe verstehen, manchmal einem Horrorfilm.

Markus Fritsch