LOUISE HIRES A CONTRACT KILLER

Wie ich meinen Boss erschoss

Ein französischer Western im Prekariat

Der "deutsche" Titel ist nur ein wenig irreführend für einen französischen Film. Er spielt auf Aki Kaurismäkis ersten nicht-finnischen Film an. Der Originaltitel "Louise-Michel" wäre völlig unverständlich, weil hierzulande niemand die Anarchistin Louise Michel aus der Kommunarden-Zeit kennt.

Man muss hier aber gar nichts so genau wissen. Schon im ersten Bild nicht, wer denn da eigentlich unter Absingen der Internationale und technischen Pannen ins Krematorium kommt. Der Bestatter: "Haben Sie mal Feuer?"

Offenbar geht gerade eine Textilfabrik bankrott. Der Chef schenkt seinen Arbeiterinnen erst noch neue Kittel, am nächsten Tag schon sind alle Maschinen weg. Die Damen sind verzweifelt. Man plant zwar, mit der Nothilfe der Gewerkschaft eine Pizzeria aufzumachen. Aber Louise weiß besseren Rat: Lasst uns einen Killer mieten und den Boss umlegen!

Dass Louise eigentlich Jean-Pierre heisst, Brennspiritus säuft und nicht lesen kann, hält sie nicht davon ab, für ihre angewandte Sozialpolitik über den passenden Agenten zu stolpern. Der heißt offiziell Michel, insgeheim aber Cathy, und hat auch sonst ein paar Macken. Zum Beispiel kann er nicht mal tolle Hunde töten.

Trotzdem pflastern Leichen den weiteren Weg der untalentierten Anarchisten. Durch ganz Europa ziehen sie auf der Suche nach den Verantwortlichen für Firmenschließungen und der Ausbeutung des Proletariats. Nie treffen sie den Richtigen, aber die Kapitalisten werden doch stetig weniger. Unterwegs treffen sie groteske Figuren jenseits jeder Bürgerlichkeit, und die Regisseure trauen sich an Bilder, die wohl kein deutsches Fördergremium genehmigt hätte. Da jagt einer Modellflugzeuge in Hochhausattrappen, um seine 911-Verschwörungstheorie zu beweisen. Oder der verhinderte Killer sammelt Todkranke ein, um sie den Hit machen zu lassen.

Tiefschwarz und ohne Rücksicht auf Stil und Geschmack tölpeln die Zufälle übereinander, bis der scheinbar nebensächliche Subplot der vertauschten Geschlechter am Ende fast ins Glück führt. Käme da nicht noch eine wichtige Szene nach dem Nachspann.

Formal ist der dritte Film von Benoît Delépine und Gustave Kervern hölzern wie Aaltra (mit Aki Kaurismäki) und Avida . Oft kommen sie pro Szene mit einer Einstellung aus, manchmal lassen sie ihre Figuren mehrfach aus dem Bild und wieder hineinlaufen, und viele böse Witze passieren nebenbei im knorrigen Dialog. Als Louise am Anfang etwa einen Killer aus ihrer dunklen Vergangenheit sucht, erfährt sie, der habe jetzt einen ordentlichen Job, er sei Immobilienmakler.

Wing

Louise-Michel F 2008. R: Gustave de Kervern, Benoît Delépine B: Benoît Delépine , Gustave de Kervern K: Hugues Poulain D: Yolande Moreau, Bouli Lanners, Benoît Poelvoorde, Mathieu Kassovitz