LORNAS SCHWEIGEN Gewissen ganz unten Nirgewndwo sieht Belgien so trist aus wie bei den Dardenne-Brüdern Er ist doch nur ein Junkie" sagt Fabio, der die Sache eingefädelt hat. Um an einen belgischen Pass heranzukommen, lebt Lorna (Arta Dobroshi) mit dem heroinabhängigen Claudy (Jérémie Renier) in Scheinehe. Der hat sich die Hochzeit bezahlen lassen und soll später für die Scheidung noch einmal Geld bekommen. So zumindest war es abgemacht. Aber Fabio hat einen anderen Plan. Der Junkie soll mit einer Überdosis aus dem Weg geräumt werden, und die neubelgische Witwe Lorna wird gegen ein gutes Honorar mit einem stinkreichen Russen verheiratet, der ebenfalls einen belgischen Pass haben will. Von dem Geld will Lorna mit ihrem Freund Sokol in Lüttich eine eigene Snack-Bar aufmachen. Jeden Monat legt sie vom spärlichen Lohn, den sie in einer Reinigung verdient, etwas beiseite, um sich ihren Traum von einer unabhängigen Existenz zu erfüllen. Lorna hat ein Ziel und wer sieht, wie sie ohne sich umzuschauen durch die Straßen geht und mit welcher Konzentration sie ihre Arbeit in der Reinigung verrichtet, hat keinen Zweifel daran, dass sie es auch erreichen wird. Dann passiert etwas, was nicht vorgesehen war. Claudy geht auf Entzug, und Lorna sieht in ihm nicht nur den Junkie, sondern einen Menschen, der genau wie sie eine Chance auf ein anderes Leben verdient. Etwas befremdet steht sie ihrem Gewissen gegenüber, das sich lange nicht mehr zu Wort gemeldet hat. Weit entfernt vom moralischen Lehrstück erzählen die Dardennes vom emotionalen Dilemma ihrer Hauptfigur. Dabei erweist sich die kroatische Nachwuchsschauspielerin Arta Dobroshi als wirkliche Entdeckung. Mit großer Konzentration spielt sie die Immigrantin, die sich mit kaltem Pragmatismus den materiellen Zwängen der westlichen Welt ergeben hat. Trotzdem lässt sie hinter der Fassade immer wieder die Konflikte durchschimmern, die ihre Figur mit sich und ihrem Gewissen austrägt. Martin Schwickert Le silence de Lorna B/F/I/GB/D 2008 R&B: Jean-Pierre und Luc Dardenne K: Alain Marcoen D: Arta Dobroshi, Jérémie Renier, Fabrizio Rongione
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