The Look of Love Sex und Koks Michael Winterbottoms Biopic über den einstmals reichsten Mann Englands Mit Nachtclubs, Sexmagazinen und Immobilien wurde Paul Raymond in den 90ern zum angeblich reichsten Mann Englands. Michael Winterbottom erzählt in seinem Biopic nun nicht die öde Geschichte über einen, der gut im Geldscheffeln war. The Look of Love handelt von einem fröhlichen, freundlichen Aufsteiger, der von einer Orgie zur nächsten taumelt und dabei wie nebenbei immer reicher wird. Dabei ist Raymond (großartig: Steve Coogan) weder besonders rücksichtslos oder gar brutal, er ist einfach geil: Geil auf Erfolg, auf Anerkennung (er kommt aus ärmlichen Verhältnissen) und vor allem auf Drogen und Sex. Letztere stellen in den Sechzigern, zu denen der Film größtenteils spielt, kein Problem dar. Polygamie und Koksen wird schick, und dass Raymonds Ehe in die Brüche geht, liegt nur daran, dass er es etwas übertreibt mit seinen Bettgeschichten. Jedes Revuegirl aus einem seiner Clubs wird ins Bett gezogen und kann dem seltsamen Charme des Chefs nicht widerstehen. Zur Hälfte des Film verschiebt sich der Focus merklich. Zwar ist The Look of Love als Rückblende angelegt und beginnt mit dem tragischen Tod von Raymonds Tochter, aber erst sehr spät steht das Scheidungskind Debbie im Mittelpunkt. Debbie will singen, tanzen, Daddy gefallen - und nichts gelingt, weil sie vollkommen talentlos ist. Imogen Poots, schon brillant in Saiten des Lebens, spielt dieses traurige Kind, das im Drogenrausch untergeht. Während die Scheidung Raymond völlig egal ist, geht Debbie darin unter. Wie jeder halbwegs gescheite Film über die 60er und 70er zeigt auch Winterbottoms Werk, wie das libertäre Feeling (das sich vorübergehend ganz doll revolutionär gab) in einem Haufen Koks versank. Nur die charakterstarken und herzlosen Egoisten blieben übrig und übernahmen dann in den 80ern den Laden. Seltsam distanziert, schnell geschnitten und mit viel Liebe zum Detail im Decors hat Winterbottom das inszeniert. Der Film wird nie sentimental, geht allerdings auch an keiner Stelle in die Tiefe der Geschichte. Dass man sich dennoch prächtig unterhält, liegt an dem durchweg guten Ensemble und der makellosen Inszenierung, die mit konventionellen Mitteln, aber ohne Tempoverlust ihre Geschichte transportiert. Deren kleine Botschaft darin besteht, dass man nichts mit ins Grab nehmen kann, weshalb es ziemlich wurscht ist, wie man sein Leben lebt, solange man dabei gut aussieht. Thomas Friedrich GB 2013 R: Michael Winterbottom B: Matt Greenhalgh K: Hubert Taczanowski D: Steve Coogan, Imogen Poots, Anna Friel, Stephen Fry
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