LIEBE UND ANDERE VERBRECHEN

Stadt der Toten

Ein kleines Drama über serbische Sehnsüchte

Da möcht' man nicht begraben sein: Neu-Belgrad, eine Ansammlung scheulicher Bauverbrechen in Hochhausform, ist eine verwinkelte Betonlandschaft, um deren Bestand sich schon lange niemand mehr zu kümmern scheint. Zwei alt gewordene Gangster teilen sich das Revier auf, jeder erhebt Schutzgeld. Bei Problemen wird mal ein Kiosk abgefackelt (und man bittet den Inhaber höflich darum, zur Seite zu treten, damit er sich nicht verletzt) oder ein Hund getötet.

In diesem Limbus lebt Anica (Anica Dobra) und will weg. Sie arbeitet in einem Sonnenstudio, dort will sie abends das Geld aus dem Tresor nehmen und verschwinden, für immer. Sie will das traurige Mädchen verlassen, die Tochter ihres Chefs, die nicht mehr spricht und nur manchmal "Besame Mucho" singt, sie will ihre Mutter verlassen, ihre Freundinnen (von denen sie augenscheinlich wenige hat). Liebe und andere Verbrechen spielt an diesem einen letzten Tag von Anica. Eine andere Geschichte als diese Auflösung, diesen Abschied hat der Film nicht. Er verkneift sich jede Ironie und hat dennoch Humor. Die Hauptfiguren dieser Landschaft - der Gauner, seine Helfer, eine alt gewordene Sängerin - werden mit Sympathie und Distanz vorgestellt.

Den Ärger am Ende des Films bringt ein junger Hitzkopf ins Spiel, der sich nicht an die Regeln hält. Und obwohl jemand dabei stirbt: ob das gut oder schlecht ist - darauf hat der Film keine Antwort.

Keine Frage, dass der serbische Regisseur hier ein Portrait seines Landes anfertigen wollte. Man wartet auf gar nichts und beneidet die, die weggehen können.

Der tiefen Traurigkeit wird nur ein behutsam anschwellender Soundtrack entgegengesetzt. Die typisch wilde, lebensfrohe Blechmusik des Balkan ist manchmal verhalten im Hintergrund zu hören.

Thomas Friedrich

Ljubav i drugi zlocini D/Serb./Ö/Slow. R: Stefan Arsenijevic B: Stefan Arsenijevic, Srdjan Koljevic, Bojan Vuletic K: Simon Tansek D: Anica Dobra, Vuk Kostic, Milena Dravic, Fedja Stojanovic