Le Weekend Spröde Schönheit Ein altes Ehepaar sucht in Paris die Liebe Eigentlich eine schöne Idee: Zum 30. Hochzeitstag noch einmal nach Paris in die Stadt der Liebe, wo alles begann. Aber als Nick (Jim Broadbent) und Meg (Lindsay Duncan) in dem Hotel ankommen, in dem sie ihre Flitterwochen verbracht haben, hat sich die romantische Herberge in eine beigefarbene Billig-Absteige verwandelt. Meg macht auf dem Absatz kehrt und übernimmt die Kontrolle über das Reiseunternehmen und die Kreditkarte. Ein Luxushotel mit Eiffelturmblick und eine Suite, in der schon Tony Blair übernachtet hat, sind gerade gut genug, auch wenn sich die Sorgenfalten auf Nicks Stirn zu kräuseln beginnen. Die luxuriöse Umgebung garantiert noch kein romantisches Revival und die beiden haben nach dreißig Ehejahren nicht nur eine langjährige Vertrautheit, sondern auch ein Menge Enttäuschungen, geplatzte Träume und partnerschaftlichen Überdruss im Gepäck. Während Nick sich redlich, aber unbeholfen um ein amouröses Comeback bemüht, scheint Meg wild entschlossen, ihre Frustrationen nicht mehr länger unter den Teppich des ehelichen Alltages zu kehren. Das Wochenende in Paris schwankt zwischen romantischer Erinnerung und emotionaler Offenbahrung. Mit Le Weekend ist Roger Michell (Notting Hill) eine Komödie über eheliche Verschleißerscheinungen und spätromantische Sehnsüchte gelungen, die sich nicht auf dem Sofa der nostalgischen Versöhnlichkeiten einrichtet. Vollkommen unsentimental blickt der Film auf die unbeholfenen Versuche des englischen Ehepaares, die eingerostete Liebe wieder in Gang zu bekommen, und findet ebenso zu Szenen präziser Situationskomik wie zu Momenten herzzerreißender Aufrichtigkeit. Wenn die beiden durch die Straßen treiben und verzweifelt versuchen, sich auf ein Restaurant zu einigen, ist das ein zermürbender Prozess, in dem die gegenseitigen Animositäten sauber herausgearbeitet werden. Schließlich landen sie in einem maritimen Restaurant, dessen Preisstruktur den Verfügungsrahmen ihrer Kreditkarte zu sprengen droht. Da flackert in ihren Augen der alte, rebellische Geist längst vergangener Jahre auf und gemeinsam ergreifen die beiden Zechpreller ungelenk die Flucht. Solche tragischen und komischen Aspekte einer langjährigen Liebe erforschen Jim Broadbent und die wunderbare Lindsay Duncan - eine Meisterin des vernichtenden Blicks - mit sichtbarer Spielfreude. Schließlich hat Jeff Goldblum noch einen fabelhaften Auftritt als ehemaliger Studienkollege, der mit seinem mondänen Lebensstil zum Katalysator in der Langzeitbeziehungsdynamik wird. Mit Le Weekend ist Michell ein Film von spröder Schönheit gelungen, der sein Ü-50-Publikum ernst nimmt, statt es mit den immer gleichen Altersverklärungen abzuspeisen. Das Drehbuch dazu stammt von Hanif Kureishi, der einst als Drehbuchautor für Stephen Frears und andere ein wichtiger Protagonist des englischen neuen Films in den 80ern war. Martin Schwickert Le Week-End GB 2013 R: Roger Michell B: Hanif Kureishi D: Jim Broadbent, Lindsay Duncan, Jeff Goldblum 93 Min.
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