DAS LETZTE SCHWEIGEN Überall Schmerz Erinnerungen an einen Mord - deutsches Gefühlskino, ungebremst Als man im Kornfeld am Wegesrand das Fahrrad eines Mädchens und ein Stein mit ihren Blutspuren entdeckt, werden in der Kleinstadt Erinnerungen wach. Für Elena Lange kommen die Bilder der Vergangenheit erneut in den Kopf. Vor 23 Jahren wurde an derselben Stelle ihre Tochter Pia von einem Unbekannten vergewaltigt und ermordet. Der frisch pensionierte Kriminalkommissar Mittich, der den Fall seinerzeit nicht aufklären konnte, ist sich sicher, dass hier wieder derselbe Täter zugeschlagen hat. Fernab vom Tatort sieht der erfolgreiche Architekt und Familienvater Timo die Bilder im Fernsehen und erinnert sich ebenfalls an den Nachmittag im Juli, als er mit seinem Freund Peer einem Mädchen auflauerte. Nun muss er sich der Vergangenheit und den eigenen verdrängten pädophilen Neigungen neu stellen. Der depressive Kommissar Jahn, dessen Frau vor kurzem an Krebs gestorben ist, übernimmt die Ermittlungen. Mit Das letzte Schweigen adaptiert Regisseur Baran bo Odar den Bestsellerroman von Jan Costin Wagner und verlegt die Handlung aus Finnland in die namenlose deutsche Provinz. Odar entwirft ein stimmiges Krimi-Setting in der flirrenden Juli-Hitze, in der jeder der Beteiligten mit dem eigenen Verstand zu ringen scheint. Das deutsche A-Liga-Ensemble, aus dem vor allem Burghart Klaußner und Katrin Sass herausragen, läuft hier auf Hochtouren, was jedoch im Fall von Wotan Wilke Möhring und Sebastian Blomberg ins ungebremste Overacting abgleitet. Ohnehin bevorzugt Odar das Kino der großen Gesten, das die Emotionen seiner Figuren mit aufdringlichen Soundeffekten unterstreicht und die kaputte Seelenstruktur bis an die Grenze des Voyeurismus herausarbeitet. Zweifellos versteht der Münchner Nachwuchsregisseur sein Handwerk und profiliert sich als Suspense-Spezialist, dem allerdings beim Spannungsaufbau zunehmend die Sensibilität zu den Figuren abhanden kommt. Martin Schwickert D 2010 R&B: Baran bo Odar K: Nikolaus Summerer D: Ulrich Thomsen, Wotan Wilke Möhring, Katrin Sass
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