DER LEBENSVERSICHERER
Auf den Hund Ein Handlungsreisender auf deutschen Autobahnen
Ich bin rastlos glücklich", behauptet Burkhard W., dabei sind ihm Schlaf- und Glücklosigkeit ins Gesicht geschrieben: tiefe Ringe unter den geröteten Augen, das Haar ein bisschen ranzig, das Jackett zerbeult. Als moderner Nomade zieht Burkard W. mit seinem Mittelklassewagen durch das Dickicht des deutschen Autobahnnetzes auf der Jagd nach neuen Opfern. Wenn er eins gefunden hat, beißt er sich so lange an ihm fest, bis er bekommt, was er will: die Unterschrift für eine Lebensversicherung.
Der gestressten Küchenchefin, dem wohnungslosen Dauercamperpaar, dem Kloputzer auf der Raststätte schwatzt er mit seinen volksnahen Sprüchen sein Produkt auf. Einen frustrierten LKW-Fahrer bewegt er zur Unterschrift, indem er ihm nahe legt, gut versichert einfach am Steuer einzuschlafen, um die finanzielle Situation seiner Familie zu bereinigen. Nur ein paar Verträge noch, dann will er zurückkehren zu Frau und Kind. Aber wenn er jeden Abend auf den heimischen Anrufbeantworter spricht, ahnt man, dass am anderen Ende der Leitung schon längst niemand mehr auf ihn wartet.
In seinem Kinodebüt zeichnet Regisseur Bülent Akinci das Porträt eines zutiefst frustrierten Handlungsreisenden, der wohl als Prototyp für die Entwurzelung unserer Gesellschaft herhalten soll. Aber leider irrt Akincis Regiekonzept ähnlich ziellos wie sein Protagonist durch die bundesdeutsche Autobahn-Tristesse. Bedeutungsschwanger werden die wortkargen Dialoge in die dunkle Nacht hinausgeseufzt, auch wenn sich dahinter zumeist eher banale Lebensweisheiten verbergen.
Dass Akinci dem suizidgefährdeten Vertreter im letzten Drittel einen Rettungsengel in Form einer adrett-verstockten Pensionsbetreiberin schickt, bringt keine Dynamik in die schleppende Filmhandlung. Auch wenn Hauptdarsteller Jens Harzer hier recht eindrücklich auf den Hund kommt, wirklich nahe bringt er dem Publikum seinen aggressiv melancholischen Helden nicht.
Martin Schwickert
D 2006 R&B: Bülent Akinci K: Henner Besuch D: Jens Harzer, Marina Galic, Anna Maria Mühe
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