LA VIE EN ROSE
Jukebox
Im Schnellverfahren durch das Leben der Edith Piaf
Sie ist immer noch ein Idol. In ihre markante, unverwechselbare Stimme waren auch die Höhen und Tiefen der eigenen Biografie eingebettet. Olivier Dahan (Die purpurnen Flüsse 2) hat sich daran gemacht, der Chanson-Sängerin Edith Piaf ein Denkmal zu setzen.
Zweifellos ist das Leben der Piaf reich an dramatischen Ereignissen. Die Mutter war Kaffeehaussängerin und verschwand früh aus dem Leben des Mädchens. Während des Ersten Weltkrieges bringt der Vater Edith bei seiner Mutter unter, die in der Normandie ein Bordell betreibt. Die Prostituierten kümmern sich liebevoll um das kleine Mädchen, das an Keratitis erkrankt und für einige Zeit erblindet.
Als der Vater von der Front zurückkehrt, muss sie sich von ihrer Ersatzmutter Titine (Emmanuelle Seigner) trennen. Fortan zieht Edith mit dem Vater, der als Zirkusakrobat sein Brot verdient, durchs Land, verlässt ihn mit 15 Jahren und schlägt sich in Paris als Straßensängerin durch. Dort wird sie von dem Revuetheaterbesitzer Louis Leplée (Gerard Depardieu) entdeckt, der bald Opfer eines Mordes wird.
Es sind vorwiegend die Trennungen, die Dahan ins Bild rückt. Menschen wie ihre große Liebe, der Boxweltmeister Marcel Cerdan (Jean-Pierre Martins), die plötzlich und brutal aus dem Leben der Piaf gerissen werden. Die Haltlosigkeit, die sie mit Alkohol und Drogen bekämpft. Und die Stärke der Piaf. Der Film zeigt sie als Stehaufmännchen, wie sie, vom Krebs zerfressen, auf der Bühne steht, um dem Publikum "Non, je ne regrette rien" entgegen zu schleudern.
Dahan bemüht sich, die konventionelle Erzählweise eines Biopics aufzulösen. Der Film springt assoziativ zwischen Kindheit, Ruhm und Totenbett hin und her, um den Mythos der Piaf von allen Seiten zu ergründen. Aber obwohl sich Hauptdarstellerin Marion Cotillard mit beachtlicher Präsenz durch die verschiedenen Lebensphasen ihrer Figur arbeitet, kommt der Film einem persönlichen Kern der Piaf nie wirklich nahe. Der unstrukturierte Remix biografischer Schicksalsschläge lässt einen oftmals unberührt zurück, weil der Film schon wieder auf dem Sprung zur nächsten Erzählebene ist.
Was für die Seele der Sängerin gilt, gilt auch für die Magie der Musik. Im Jukebox-Verfahren werden die Chansons ein-, jedoch selten ausgespielt. Als Edith Piaf ihren ersten großen Auftritt in einer Konzerthalle hat, blendet Dahan ihre Stimme aus und blickt nur in die Gesichter des begeisterten Publikums. Eigentlich eine schöne Idee, die sich gezielt von Musikfilm-Stereotypen abwendet, aber leider filmisch miserabel umgesetzt und mit sacharinsüßen Orchesterklängen unterlegt.
Martin Schwickert
F 2006 R&B: Olivier Dahan K: Tesuo Nagata D: Marion Cotillard, Sylvie Testud, Pascal Greggory, 140 Min.
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