»LAST MAN STANDING« Lautes Kino
Bruce Willis als Clint Eastwood Last Man standing ist gewissermaßen das Gegenteil von Antonias Welt . Auf völlig unterschiedliche Art und Weise leiden beide Filme unter einem zwanghaften Bekenntnischarakter. Last Man standing ist ein Männerfilm und erstickt förmlich in dem dauernden Bemühen, ein solcher zu sein. Ein Mann steht im Zentrum des Interesses, viele Männer um ihn herum, die es zu bekämpfen gilt und die in großer Anzahl unter ausgiebigem Einsatz von Schußwaffen sterben werden. Smith heißt unser Mann. Smith redet nicht viel. Smith schießt schnell und gut. Smith ist cooler als jede Tiefkühlpizza. Smith ist Bruce Willis. Ein kleines verlassenes Nest mit dem verheißungsvollen Namen Jericho unweit der mexikanischen Grenze zur Zeit der Prohibition. Wenn Smith den Ort als Durchreisender betritt, wirkt die Szenerie nicht gerade touristenfreundlich. Der Wind fegt sandig durch die Straßen, ein verendeter Gaul verwest ebenda, und unfreundliche Herren mit breiten Schultern in teuren Anzügen demolieren sein Auto. Ein wenig zu lange hatte er den Blick auf die Braut des Mafiabosses gerichtet. Der Mob aus dem Osten, aus Chicago und New Jersey, hat sich in Jericho einquartiert, um den Alkoholschmuggel aus Mexiko unter Kontrolle zu halten. Die Bewohner haben längst das Weite gesucht, der Sheriff (Bruce Dern) kolaboriert recht ertragreich mit dem organisierten Verbrechen. Nach der unfreundlichen Begrüßung läßt sich ein ganzer Kerl wie Smith nicht lumpen und nimmt den Kampf allein gegen die Mafia auf. Behilflich sind ihm dabei zwei Handfeuerwaffen und eine Strategie. Im Revierkrieg zwischen den Gangs von Doyle (David Patrick Kelly) und Strozzi (Ned Eisenberg) bietet er beiden Seiten seine Dienste an und spielt sie trickreich gegeneinander aus. Nach etwa fünfzehn Minuten Laufzeit ist die Story ins Gleis gebracht und es kann losgehen mit einer schier endlosen Schießerei. Kurze Unterbrechungen durch Dialogpassagen dienen allein der Erörterung der aktuellen Schußmotivation. Mit zugekniffenen Augen und angespannter Backenmuskulatur entleert Bruce Willis seine Munitionsvorräte in kunstvoll zuckende Gangsterkörper. Viele davon fallen sehr effektvoll durch berstendes Glas oder von Dächern, sogar in Zeitlupe. Und es ist gerade die Perfektion, mit der hier Mord und Totschlag inszeniert wird, die so schnell so ermüdend wirkt - nur einschlafen kann man eben nicht, weil die Jungs da oben auf der Leinwand einfach zuviel Krach machen. Lobende Erwähnung hingegen verdient das Produktionsdesign von Garry Wissner. Kulisse und Kostüme werden in genau aufeinander abgestimmte verblaßte Beige- und Brauntöne getaucht. Die Bilder wirken sorgfältig ausgewaschen. Der Sand texanischer Wüsten durchdringt jede Einstellung und wenn man aus dem Kino kommt, hat man das Gefühl sich den Staub aus der Jacke klopfen zu müssen. Last Man standing recycelt einen klassischen Kinostoff. Als Vorbild diente "Yojimbo" von Akira Kurosawa. Das Samurai-Epos aus den Jahre 1961 inspirierte seinerzeit schon Sergio Leone zu Für eine Handvoll Dollar . Vielleicht ist es einfach keine gute Idee, den gleichen Stoff ein drittes Mal aufzugießen. Dabei gibt sich Regisseur und Drehbuchautor Walter Hill durchaus alle Mühe, durch modisches Genresampling die Geschichte neu aufzupeppen. Last Man standing benimmt sich wie ein Western im Kostüm eines Film Noir mit der Schlagkraft eines modernen Actionfilms. Jericho wurde auf der Melody-Ranch in Newhall, Kalifornien aufgebaut, die den Hollywood-Studios schon seit 1915 hundertfach als Westernkulisse diente. Der inflationäre Gebrauch von breitkrempligen Hüten erinnert an gute alte Cagney-Filme. Hills Mixtur will jedoch nicht so recht gelingen, weil sich die lakonische Coolness eines Scharze-Serie-Films nicht mit den brachialen Actioneffekten vertragen will. Alle Ambitioniertheit stirbt im dauernden Kugelhagel dahin.
Martin Schwickert
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