»KONDOM DES GRAUENS«

Penis Predator

Moral in Tüten mit Lümmeln zum Gähnen

Hat mal jemand die Telefonnummer von diesem bärtigen Jung-Staatsanwalt aus Meiningen? Dem, der im ganzen Land Schweinkram-Comics beschlagnamen läßt und Schwänze-Zeichner in den wirtschaflichen Ruin treibt? Dann ruft den doch bitte an und sagt ihm: ein neues Kondom ist in der Stadt, das kann er meinetwegen gerne in seine Asservaten-Kammer sperren. Hauptsache, ich muß es nicht mehr sehen. Und die eh etwas zweifelhafte deutsche Film-Komödien-Kunst wird vor evtl. ansteckender Geschmacks-Senkung geschützt.
Denn die von Jung-Regisseur Martin Walz eigentlich nicht zu verantwortende Celluloid-Ausgabe des komischen Latex-Lümmels von Ralf König ist weder bissig noch komisch noch überhaupt ein Film geworden. Und der beste Witz ist noch, daß Erwin C. "Wildgänse" Dietrich dafür eine knappe Million Filmförderungsgelder kriegte. Der deutsche Fred Olen Ray war deshalb selbst sehr überrascht.
Die Story kennt wohl jeder: zahnstarrende Präservative machen im Rotlichtviertel Jagd auf männliche Genitalien, ein schwuler Noir-Bulle macht Jagd auf das Rätsel, ein schöner Stricher bringt ihm unterwegs wieder das Lieben bei, und am Ende stellt sich die Plage der Perversen als Monster der Moral-Mehrheit heraus - als Godzilla für Geschlechtsfeinde, im Keller einer katholischen Kapelle gefrankensteint, um zuvörderst die zu treffen, die unschuldige Sekret-Reservoirs in anderleuts Darmausgänge stecken.
Das kann man so sehen, aber es ist kaum auszuhalten, wie der sonst ziemlich beeindruckende Udo Samel als Kommissar Luigi Mackeroni am Ende eine bessere Moral kennt und predigt. Gott liebe alle Liebenden, ein bißchen Sünde sei noch kein Verbrechen, und wer anderen die eigene Lebensweise aufzwinge, sei selbst ein Schwein. Oder so ähnlich. Immerhin versucht die Regie, mit echten Engelschören und coolem Detektiv-Voice-Over den Kitsch zur Multi-Genre-Parodie zu adeln.
So wie sie vorher versuchte, Thriller-Gesten und Transen-Getue, Exploitation und Horror-Plots zu einem grenzüberschreitenden "Dirty Dick Tracy"-Kasperle-Theater zu verkuppeln. Aber das scheitert nicht nur daran, daß der 6 Millionen Etat für die vielen Außendrehs in New York draufging - und nichts mehr für die fest geplanten Knollennasen aller Personen übrigblieb. Oder daran, daß die (im übrigen viel zu wenigen) Film-Anspielungen ziellos ins Leere laufen (ein geheimnisvoller Chinese á la Wallace oder "Odd Job") oder gleich noch platter aus der Handlung fallen (eine Psycho-Dusche).
Den Todesstoß versetzt dem handwerklich eh schlimmen Drehbuch - dem im immer noch zu langen Film auch noch mehrere logisch wichtige Szenen abgeschnitten wurden - das fast völlig schauderhafte Ensemble. Knallchargen statt Typen, Helge Schneider statt Fellini ... wenn nicht immer wieder Udo Samel an der Dauer-Zigarette vorbeinuschelte, die er nicht mal für einen Whisky von der Lippe Mund nimmt. Dann weht ein Hauch von Endzeit durch den Set, dann gibt es für Sekunden herzergreifend echten Kino-Moder statt lustigen Fernseh-Mief.
Ach ja, die Kondome: Hobby-Ekel-Erreger Jörg Buttgereit hat einmal mit H.R. "Alien" Giger telefoniert (und einmal Sushi gegessen, als Aversions-Therapie) und dann ein paar Penis-Predatoren entworfen, die schwächeren Männern durchaus Probleme im Schritt machen könnten. Wenn sie nicht dafür verschwendet würden, dem überflüssigen Chinesen von oben in die Nase zu beißen.
Fazit: good stuff für ein Double-Feature mit Doris Dörries "Ich und Er". Deutlicher muß man nicht werden.

WING