DIE KINDER DER SEIDENSTRASSE Durch die Wüste Noch eine wahre Geschichte über weiße Helden Auch Großbritannien hatte einen John Rabe. Er hieß George Hogg und rettete 1938 über sechzig chinesische Waisenkinder vor den herannahenden japanischen Truppen, indem er sich mit ihnen auf einen über tausend Kilometer langen Marsch entlang der Seidenstraße Richtung Westen machte. Jede Wette, dass Hollywood nie und nimmer darin den Stoff für ein Heldenepos entdeckt hätte, wenn der Mann ein Chinese gewesen wäre. Roger Spottiswoode, der mit Filmen wie Stop! Oder meine Mami schießt oder James Bond 007 - Der Morgen stirbt nie in weniger idealistischen Regionen unterwegs war (aber mit Under Fire mal hochmoralisch begann), hat die Geschichte des humanistischen Abenteurers als geradliniges Heldenepos angelegt. Die Kinder der Seidenstraße setzt dort ein, wo auch Florian Gallenberger seinen friedliebenden Helden in Szene setzte. In Nanking landet der junge Oxford-Absolvent und beherzte Nachwuchsreporter George Hogg (Jonathan Rhys Meyer) und wird dort (ebenso wie John Rabe) Zeuge der Massaker, die die japanische Armee an der chinesischen Zivilbevölkerung verübt. Die Japaner nehmen den Fotografen fest und verurteilen ihn zum Tode. Aber kurz bevor das Schwert hernieder saust, wird George von dem chinesischen Partisanen Chen (Chow Yun-fat) gerettet und ins sichere Hinterland verbracht. Dort trifft er auf die amerikanische Krankenschwester Lee Pearson (Radha Mitchell), die ihm sogleich die Verantwortung für ein heruntergekommenes Waisenhaus überträgt. Der Brite, der kaum ein Wort Chinesisch spricht, tut sich schwer als Lehrer für die über sechzig Jungen, aber schließlich gewinnt er ihr Vertrauen, bringt ihnen Englisch und Basketball bei und verwandelt das Grundstück des Waisenhauses in einen blühenden Gemüsegarten. Aber schon fliegen die japanischen Bomber unheildrohend über den Himmel. Die chinesischen Nationalisten wollen die Kinder rekrutieren, und so entwirft George einen aberwitzigen Fluchtplan, der die Kinder über einen Gewaltmarsch entlang der Seidenstraße in ein Dorf am westlichen Ende der Wüste Gobi führen soll. Für spektakuläre Landschaftsaufnahmen und rührende Szenen zwischen Waisenkindern und Ersatzvater ist gesorgt, und auch eine Liebesgeschichte zwischen dem Abenteurer und der resoluten Krankenschwester hat ihren Weg ins Drehbuch gefunden. Das alles könnte man als humanitäres Erbauungsspektakel und moralischen Wohlfühlfilm durchgehen lassen, wäre die Hauptrolle mit Jonathan Rhys Meyers nicht derart grandios fehlbesetzt. Als rücksichtsloser Aufsteiger brillierte Meyers in Woody Allens Match Point , aber den selbstlosen Gutmenschen nimmt man dem britischen Sunshine-Boy einfach nicht ab. Ulrich Tukur hat in John Rabe seine Heldenrolle geschickt unterspielt. Meyers hingegen übersteuert das Pathos des Films, sonnt sich ungehemmt im strahlenden Licht des Gutmenschentums und sieht auch im tiefsten Dreck aus, als wäre er gerade aus dem Titelblatt einer Hochglanz-Illustrierten gefallen. Martin Schwickert The Children of Huang Shi R: Roger Spottiswoode B: James MacManus, Jane Hawksley K: Zhao Xiaoding D: Jonathan Rhys Meyers, Radha Mitchell, Chow Yun-Fat
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