THE KIDS ARE ALL RIGHT

The L-Word

Lisa Cholodenko zeigt uns eine ganz normale Familie

Während Papa als Arzt das Geld verdient, kümmert sich Mama um die Kinderaufzucht, und als die Kinder groß geworden sind, darf Mama sich endlich einen Traum erfüllen und arbeitet als Landschaftsgärtnerin.

In Lisa Cholodenkos erstem Film seit acht Jahren wird dieses Rollenklischee klassisch ausgelebt. Nur dass hier zwei Frauen zusammenleben und Papa deshalb eine zweite Mama ist. Annette Bening und Julianne Moore spielen dieses Lesbenpaar und geben ihren Figuren mit kleinen Gesten und viel Charme den glaubwürdigen Hintergrund. Anders gesagt: wahrscheinlich hätte niemand sonst diese Rollen zwischen spießiger Alternativkultur und leidenschaftlicher Liebe so spielen können.

Die beiden Kinder von Nic und Jules sind inzwischen recht wohlgeraten und werden von der Neugier geplagt, wer wohl ihr Vater ist. Über die Samenbank, über die sich ihre Mütter damals befruchten ließen, nehmen sie Kontakt zu ihrem Vater auf, und der ist ein hinreißender, leicht schluffiger Charmebolzen, ein Traumdaddy, dessen Verführungskraft sich auch auf die anfangs skeptischen Mütter auswirkt.

Es wird ein kleines Drama geben und ein kleines Happy End. Es wird danach so weitergehen wie in allen Familien, selbst den verrücktesten, und bis dahin hat uns Lisa Cholodenko in ihrem dritten bemerkenswerten Featurefilm (nach High Art und Laurel Canyon) an einem Familienleben teilnehmen lassen, das trotz der ungewöhnlichen Grundkonstellation normaler nicht sein könnte. Jules fühlt sich von Nic nicht genug beachtet, die droht im Stress und ihrem Ordnungswahn die Nerven zu verlieren, die Tochter ist mit 18 "kein Baby mehr" und auf der Suche nach ersten erotischen Erfahrungen, und Sohn Laser weiß eigentlich noch gar nicht, was er in diesem Leben soll und denkt darüber nach, ob er später lieber begraben oder verbrannt werden will.

Das hat oft den Witz und die Präzision in der Darstellung der Woody Allen-Filme der 90er und ist doch ein Feelgood-Movie mit Tränen und Drama und Umarmung und vielen rührenden Momenten. Cholodenko hat die Geschichte von dem neu entdeckten Vater mit viel hinterhältiger Ironie ausgestattet, weshalb die Komik jederzeit die Rührseligkeit überwiegt. Schon wie Laurel Canyon ist The Kids Are All Right ein ziemlich makelloser Film.

Thomas Friedrich

USA 2010 R: Lisa Cholodenko B: Lisa Cholodenko, Stuart Blumberg K: Igor Jadue-Lillo D: Annette Bening, Julianne Moore, Mark Ruffalo, Mia Wasikowska