»GLAUBEN IST ALLES!«

Hormonblockaden

Wenn ein Priester und ein Rabbi dieselbe Frau lieben ...

Wenn die beiden mit schwarze Lederjacke und dunkler Sonnenbrille in Zeitlupenaufnahme die überfüllten Gehwege Manhattans durchschreiten, sehen sie aus wie zwei gutgelaunte Mafiosi nach einem gelungenen Coup. Dabei sind Jake (Ben Stiller) und Brian (Edward Norton) für zwei unterschiedliche Syndikate und ausschließlich im Dienste Gottes unterwegs. Brian ist katholischer Priester und Jake jüdischer Rabbi. Beide lieben ihren Beruf und sind darin, dank moderner Methoden der Glaubensvermittlung, ungeheuer erfolgreich. Wenn sie am Sonntag oder am Sabbat in der Synagoge oder der Kirche zum Mikrofon greifen, erinnern ihre Veranstaltungen eher an eine David-Letterman-Show als an orthodoxe religiöse Erbauung.
Jake und Brian sind unzertrennliche Freunde seit frühester Kindheit. Daran haben die unterschiedlichen Religionen nichts geändert. Die interkonfessionelle Harmonie wird durch das Wiederauftauchen von Anna (Jenna Elfman) empfindlich gestört. Seit Anna damals auf dem Schulhof Jake und Brian mit einem gezielten Genitaltritt aus den Fängen des Klassenschlägers befreit hat, verbrachten die drei ihre Kindheit in Musketier-Formation. In der 6. Klasse zog sie mit ihrer Familie nach Kalifornien, und nun kommt sie als patente Karrierefrau zurück nach New York. Die schöne Anna versetzt die Gottesmänner in ungeahnte hormonelle Verwirrungszustände, stellt nicht nur deren Freundschaft, sondern auch ihren gesamten Lebenswandel in Frage. Schließlich hat sich Brian dem Zölibat verschrieben, und auch für Rabbi Jake könnte die Liebe zu einer nichtjüdischen Schickse mit Berufsverbot enden.
Nach Filmen wie American History X und Fight Club hätte man nicht erwartet, dass Schauspieler Edward Norton mit einer romantischen Komödie als Regisseur debütiert. Glauben ist alles! ist jedoch eine der wenigen Filme dieses Genres, der die Bezeichnung auch verdient. Romantische Komödien sind inzwischen meistens romantisch oder komisch und oft weder das eine noch das andere. Norton gelingt es allerdings, seine Dreiecks-Geschichte als herzliche New-York-Romanze zu verkaufen und gleichzeitig das komische Potential der absurden Konstellation voll auszuschöpfen. Der Liebeskummer zwischen Thora und Neuen Testament bietet genug Treibstoff für eine Komödie, die ohne zynische Attitüden und Brachialhumor auskommt. Das Schauspieler-Triumvirat zeigt sich bestens aufgelegt. Norton als gutmütiger Priester packt all seinen Kleine-Jungen-Charme auf die Waage, Ben Stiller ( Verrückt nach Mary ) überzeugt als Synagogen-Womanizer und Jenna Elfman ( EdTV ) als sympathisches Energiebündel ist auf jeden Fall die richtige Frau, um klerikale Hormonblockaden zu lösen.

Martin Schwickert