KARATE KID

Weisheit mit Schlag

Wiederholen macht weise, Langeweile macht stark

In den 70ern brachte uns John G. Avildsen mit Rocky bei, dass charakterstarkes Verlieren toll ist. In den 80ern brachte uns John G. Avildsen mit Karate Kid 1-3 bei, dass Gewinnen noch viel toller ist, aber die Filme dabei zunehmend schlechter werden. Jetzt zeigt uns der für Charakter-Filme nicht gerade bekannte Howard Zwart, dass es einen Riesenspaß macht, 12jährigen Kindern vor die Köpfe zu treten.

Dabei hält sich das Remake des Klassikers, außer der Verjüngung der Kämpfer, sonst sehr eng an die Vorlage. Eine alleinerziehende Mutter muss in eine neue Gegend umsiedeln (hier: Peking), ihr Sohn kriegt Ärger mit einem Mitschüler, der ihn mit asiatischer Kampfkunst (hier: Kung Fu) düpiert, der freundliche Hausmeister (hier: Jackie Chan) päppelt das Weichei zum Helden auf, der lernt außer Punch und Kick auch etwas Philosophie, und am Ende kann es nur einen strahlenden Sieger geben (hier: Jaden Smith).

Die minutiöse Wiederholung des alten Erfolgsrezepts geht in Ordnung, schließlich handelt der Film ja davon, wie sich stupierend eingeübte Körperdressur allmählich in ein wirksames Kampfmuster verwandelt. Den Sinn der Veränderung von Karate zu Kung Fu und den Unsinn des Titels sollen Martial Arts-Dojos unter sich ausfechten. Und Pädagogen können darüber rechten, ob man die Kraft in allen Dingen am besten bei alltäglichen Arbeiten spürt (Original: "Wisch den Boden, Polier mein Auto";) oder bei bloßen Autoritätsritualen (Remake: "Häng deine Jacke auf").

Unstrittig eine Schau ist Jackie Chan, nicht so sehr, wenn er anfangs den kleinen Mr. Smith vor der Klassenkeile rettet und dabei eine ganze Bande chinesischer Lümmel derart verdrischt, dass eigentlich die Polizei kommen müsste. Sondern eher, wenn er sich zögerlich von diesem amerikanischen Frechdachs aus einem alten Trauma und tiefer Depression zum Lehrer retten lässt. Endlich darf Chan mal etwas ernsthaft Schauspielern und macht es erstaunlich gut.

Auch eine Schau ist Jaden Smith. Das aber vor allem, weil er sich ein paar Kopfhaltungen und Blicke von Papa Will abgeguckt hat. Der Knabe grinst so herzanrührend, dass man schier erschrickt, wenn er im finalen Gefecht zu echten Gewalttaten fähig ist. Und noch mehr, wenn seine Mutter, die das Remake, auch darin dem Original treu, unterwegs vergessen hat, beim Endsieg johlend zusieht, wie ihr Spatz enthemmt den Bösen vernichtet.

Da helfen auch ellenlange touristische Passagen aus der Verbotenen Stadt oder von der großen Mauer nichts mehr. Karate Kid hat gerade durch die Verlagerung auf unschuldige Kindesbeine seine Unschuld verloren. Der Teenager des Originals durfte zugleich Frieden lernen und den Tritt des Kranichs, weil es auch um ein Mädchen ging. Das Kind des Remakes tritt seine Lerninhalte bloß mit Füßen, um ein Versprechen zu erfüllen. Unter Erwachsenen heißt sowas Drama, auf dem Schulhof ist es ein Fehler.

Wing

USA 2010 R: Harald Zwart B: Christopher Murphey K: Roger Pratt D: Jackie Chan, Jaden Smith