JUNEBUG

Antrittsbesuch

Eine einfache Familiengeschichte

Madeleine und George kennen sich gerade mal eine Woche, als sie sich Hals über Kopf das Ja-Wort geben. Ein halbes Jahr nach der Hochzeit geht es von Chicago nach North Carolina, wo Madeleine die Verwandtschaft ihres Mannes kennen lernen soll. Die Mutter beäugt die neue Schwiegertochter misstrauisch. Die schlanke, schöne Diplomatentochter und erfolgreiche Galeristin passt nicht in die Familienlandschaft der Johnstons. Dass Madeleine die Mutter "Pat" statt "Peg" nennt, erweist sich als wenig hilfreich. Der latent aggressive Johnny verlässt die Küche, als sein Vorzeige-Bruder aus der großen Stadt den Raum betritt, und der Vater widmet sich bald wieder seinen Holzarbeiten im Kellergeschoss.
Einzig die schwangere Ashley, die mit Johnny bei den Schwiegereltern wohnt, schließt Madeleine in ihr Herz . Im Gegensatz zum Rest der Verwandtschaft redet Ashley ununterbrochen und hat in Madeleine endlich eine Zuhörerin gefunden.
Wie leicht wäre es gewesen, die Familie als einfältige Provinzler oder die weltgewandte Großstädterin als arroganten Eindringling zu zeichnen. Aber in Junebug geht es nicht um eindeutige und einfache Sympathieverteilung, sondern um die Anatomie des Missverstehens und die unsichtbare Macht festgefahrener Familienstrukturen. Obwohl der Film als Komödie angelegt ist, sind die Charaktere hier keine Karikaturen, sondern wandeln sich unter dem genauen Blick der Kamera und durch die präzise Darstellung der Schauspieler von Klischeefiguren, die man zu kennen glaubt, zu vielschichtigen Persönlichkeiten.

Martin Schwickert

USA 2005 R: Phil Morrison B: Angus MacLachlan K: Peter Donahue D: Amy Adams, Embeth Davidtz, Ben McKenzie, 106 Min.