FRÄULEIN JULIE Monologe für ein Trio Liv Ullmann lässt August Strindberg nicht von der Bühne Als Schauspielerin war sie weltberühmt, als Regisseurin später immerhin beachtlich. Jetzt inszeniert Liv Ullmann das meistverfilmte Theaterstück August Strindbergs neu, 125 Jahre nach der Uraufführung, und so als wäre damals nicht gerade das Kino erfunden worden. Bis auf einen dazu erfundenen Prolog, in dem ein kleines Mädchen in einem leeren herrschaftlichen Haus mit einer Puppe spielt, bleibt Ullmann streng bei Strindbergs Kammerspiel, allerdings in Irland statt in Schweden. Wohl wegen Colin Farrell, der wirklich wunderbar kerniges Irisch sprechen kann und die lustigste Szene des tödlich endenden Dramas hat. "Sie hätten Schauspieler werden sollen" sagt Jessica Chastain zu ihm, als er beim Stiefellecken gerade noch seine Lustaufwallung unter Butlermäßigkeit verbergen kann. Sie spielt das adlige, unglücklich verzogene Fräulein Julie. Sie herrscht kindisch über das Gesinde, sie zerrt Diener John zum Tanz, sie streckt ihm den Fuß hin und reißt kokett die Klassenschranken ein. Er aber ist ein arm geborener Aufsteiger, der gerade an oben und unten glaubt, weil er höher hinaus will. Er hat die Welt gesehen, bevor er hier draußen auf Schloss Fermanagh leitender Angestellter wurde und sich, man weiß nicht warum, mit der Köchin Kathleen (Samantha Morton) verlobte. Die gibt als drittes Rad im Drama die Moralrolle und hat auch viel Text. Daran vor allem leidet der Film. Nur drei Personen reden nahezu pausenlos. Sogar ausführliche Rückblenden werden erzählt statt gezeigt. Dagegen fallen die symbolischen Bildarrangements kaum auf. Mal ein Vogel im Käfig für das Fräulein, mal Stiefelwienern für den abwesenden Schlossherren bei John. Mal ein sacht verrutschtes Kleid für den unsichtbaren Sex, der alles ändert. Plötzlich wird das Spiel von Herrin und Knecht umgekehrter Ernst. Fräulein Julie verfällt dem verführten Mann, der Gedemütigte ergreift seine Chance und erpresst Geld, die Köchin geht leidend in die Kirche. Vor allem aber sieht John nun angewidert auf Julie herab und legt ihr ein Rasiermesser nahe. Das war zur Handlungszeit ein Skandal. Das führte zu vielen Filmen, einem Musical, einem Ballett und einer Oper. Aber schon lange hat das niemand mehr so spartanisch, oder irisch-schwedisch, erzählt wie Liv Ullmann. In ermüdend langen Einstellungen, mit ziellos und unbebildert dahin laufenden Dialogen, die eher abwechselnde Monologe sind. Dabei leistet besonders Jessica Chastain Erstaunliches. Sie gibt Strindbergs nicht besonders frauenfreundlicher Klassenfigur ein Gesicht, das auch fasziniert, wenn man den Emporkömmling John unmodern findet. Wing Miss Julie. N/GB/IR 2014. R: Liv Ullmann B: Liv Ullmann, August Strindberg K: Mikhail Krichman D: Jessica Chastain, Colin Farrell, Samantha Morton. 125 Min.
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