KISSING JESSICA Mrs. Right
Ally wird lesbisch Jessica Stein ist eine neurotische Großstadtpflanze, wie sie im Plaudertaschen-Soziotop des Fernsehens gerade prächtig gedeiht. Sei es in Friends , Sex and the City oder dieser Anwalts-Serie aus Boston. Überall geht es darum, als unabhängige Frau eine Karriere aufs Brett zu zaubern, nebenbei Mr. Right zu finden und alles stundenlang zu thematisieren. Auch die Titelheldin von Kissing Jessica Stein ist so eine Figur, gefangen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Sie führt ein ausgefülltes Leben als hippe Journalistin und begeisterte Rilke-Leserin. Will sie etwas erklären, gerät sie ins Stottern. Sie rudert mit den Armen und lacht linkisch. Generation Ally, ick hör dir trapsen. Der richtige Mann indes lässt auf sich warten. Shes just too picky, meint ihre nach einem Schwiegersohn lechzende Mutter. Einfach nur wählerisch - oder nicht aufgeschlossen, wie ihr Chef und Lover aus College-Zeiten behauptet? Hier betritt die romantic comedy dann Neuland: Anstatt irgendeinen kernigen Prinzen aus dem 19.Jahrhundert ins Skript zu manövrieren, trifft die Heldin per Kontaktanzeige eine andere Frau - die Galeristin Helen. Vorerst verbindet die beiden außer einem Rilke-Zitat herzlich wenig. Jessica ist ein verklemmtes Mauerblümchen, Helen ein verspielter Schmetterling, der gerne von Blume zu Blume eilt. Das erotische Techtelmechtel bleibt zu Helens Frust aus. Jessica will eigentlich, dann wieder nicht und weiß auch nicht so genau wie. Helen möchte am liebsten sofort, dann mal wieder nicht und verliebt sich letzlich gnadenlos. Prüderie trifft auf Geilheit, und irgendwo in der Mitte funkelt die Liebe. Das nennt sich bei den Drehbuchautorinnen und gleichzeitigen Hauptdarstellerinnen Jennifer Westfeldt (Jessica) und Heather Juergensen (Helen) Logik. Herzerwärmend wird hier gequasselt, geschneuzt und vergeben. Dass der Film aufgrund einer Sketch-Reihe in der New Yorker Off-Szene entstand, merkt man den um Verbindung bemühten Szenen an. Regie-Debutant Charles Herman-Wurmfeld gelingt eine lauwarme Genre-Übung, die allen Parteien gerecht werden will. Bei so viel Kompromissbereitschaft bleibt Kissing Jessica Stein trotz viel Gesprächsstoff ohne Biss.
Ulf Lippitz
USA 2002, R: Charles Herman-Wurmfeld, B: Jennifer Westfeldt, Heather Juergensen, K: , D: Jennifer Westfeldt, Heather Juergensen, Scott Cohen
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