DIE JAHRESZEIT DES GLÜCKS

Regeln des Systems

Eine tschechische Gegenwarts-Komödie von sanfter Melancholie

Die Suche nach dem persönlichen Glück ist in Bohdan Slámas Film nur ein hilfloses Stochern in den spärlichen Möglichkeiten, die das Leben zu bieten hat.
Für die junge Supermarkt-Kassiererin Monika (Tatjana Vilhelmova) liegt das Glück jedenfalls jenseits der Landesgrenzen. Sie will raus aus der miefigen tschechischen Kleinstadt mit ihren heruntergekommenen Plattenbauten und den wenigen noch rauchenden Fabrikschloten. Ihr Freund ist in die USA emigriert, und sie wartet täglich auf das Flugticket und den Startschuss in ein neues Leben, das Sicherheit und Wohlstand verspricht.
Für ihre Freundin Dascha (Ana Geislerova) hingegen ist das Glück eine weniger vernünftige Angelegenheit. Sie stürzt sich Hals über Kopf in eine leidenschaftliche Affäre mit einem verheirateten Mann, an deren Perspektivlosigkeit sie zu zerbrechen droht.
Für Tomík (Pavel Liska) wiederum hat das Glück nur einen Namen: Monika. Seit den gemeinsamen Kindertagen im Plattenbau ist der schüchterne Tomík in die Nachbarin verliebt, die in ihm nur den besten Freund und keinesfalls den Mann fürs Leben sieht.
Als Dascha in die Psychiatrie eingewiesen wird, beschließen Monika und Tomík sich um die beiden Kinder der gemeinsamen Freundin zu kümmern. Monika zieht bei Tomík ein, der am Rande der Stadt mit seiner Tante ein zerfallendes Bauernhaus bewohnt. Für kurze Zeit konstituiert sich ein Patchwork-Familien-Idyll.
Tomíks Versuche, das geliehene Glück festzuhalten, sind genau so aussichtslos wie sein Bemühen, das Haus vor dem Verfall zu retten. Die nahe Fabrik spekuliert schon lange auf das Grundstück, das umgeben von Industrieanlagen und Müllhalden nur noch eine brüchige Insel aus einer längst vergangenen Zeit ist.
Mit bestechender Schlichtheit erzählt Bohdan Sláma (Wilde Bienen) von der Glückssuche einer Generation, die im eigenen Land keinen Halt mehr findet. Das zerfallende Haus wird zum Sinnbild für die brüchigen Perspektiven und den vergeblichen Versuch, an Freundschaften und Werten festzuhalten, die sich den rauen Sitten der neukapitalistischen Ordnung entziehen.
Wunderbar nuanciert spielt Tatiana Vilhelmová die klarsichtige Glückssucherin, die sich mit den Regeln des Systems abgefunden hat und sie doch wieder neu hinterfragen muss. Pavel Li_ka gibt der Rolle des Taugenichts, der über sich selbst hinauswächst, eine milde Melancholie, die sich über den ganzen Film legt.
Die Jahreszeit des Glücks ist eine sanfte und sehr tschechische Tragikomödie, die den Humor in der Selbstironie findet, das Tragische im Alltäglichen verankert und die Emotionen seiner Figuren mit sensiblem Realismus verhandelt.

Martin Schwickert

Something like Hapiness. Tschechien 2005 R&B: Bohdan Sláma K: Divi Marek D: Pavel Liska, Tatiana Vilhelmová, Anna Geislerová