Jack Ryan: Shadow Recruit Lehrjahre eines Weltenretters Ein Agent wird neu erfunden Anfang der Neunziger glaubte man noch, dass die Russen mit dem Ende des Kalten Krieges in Hollywood als Bösewichte ausgedient hätten. Aber das war nur eine kurze Phase. Schon bald gehörten die Schurken aus der ehemaligen Sowjetunion als tätowierte Vertreter der Russenmafia wieder zu den amerikanischen Genrestandards. Dabei bieten Reichtum und Pomp und die kriminellen Machenschaften russischer Oligarchen weitaus glamourösere Inspirationen, als es die grauen, kommunistischen Kremlherrscher vermochten. Kein Wunder, dass Regisseur Kenneth Branagh sich in seinem Spionage-Action-Film Jack Ryan: Shadow Recruit die Rolle des russischen Bösewichtes selbst vorbehalten hat. Mit Thor hatte Branagh seine Regietaufe im Actionfach erfolgreich bestanden und Hollywood gezeigt, dass er nicht nur Shakespeare, sondern auch Popcornkino kann. Nun hat man ihm den Relaunch einer Agentenfigur anvertraut, die nach den Romanvorlagen von Tom Clancy schon seit mehr als zwanzig Jahren durchs Kino geistert. Nach 9/11 meldet sich der junge Ökonomiestudent Jack Ryan freiwillig zum Dienst nach Afghanistan, wird dort in einem Hubschrauber abgeschossen und schwer verletzt. In der Reha-Klinik wird nicht nur die schöne, junge Ärztin Cathy Muller (Keira Knightley) auf ihn aufmerksam, sondern auch ein Herr in schmucker Navy-Uniform, der dem Kriegshelden für seine vaterländischen Dienste dankt. "Ich bin von der CIA", flüstert William Harper (Kevin Costner) dem jungen Versehrten zum Abschied ins Ohr, der das zunächst für einen Witz hält, aber dem Anwerbeversuch nicht widerstehen kann. Als Analyst an der Wall Street soll er für die Agentur Augen und Ohren offen halten. Ein Schreibtischjob, so heißt es, aber schon bald wird Jack nach Moskau geschickt, um undurchsichtige Finanztransaktionen zu untersuchen. Der russische Oligarch Viktor Cherevin (Kenneth Branagh) will mit massiven An- und Verkäufen sowie einer Terrorattacke im Herzen Manhattans den Dollar zum Absturz bringen und die US-Wirtschaft in den Ruin treiben. Branagh setzt sich selbst als putinesken Bösewicht in Szene, der seine Aggressionen unterschwellig verwaltet und nur punktuell den eigenen Fanatismus in den Augen aufblitzen lässt. Dem gegenüber steht Chris Pine als etwas nassforscher CIA-Agent, der sich jenseits seiner Schreibtischtätigkeit noch bewähren muss. Als klassischen Agententhriller hat Branagh diesen Jack-Ryan-Reboot angelegt, der nicht direkt einen Clancy-Roman adaptiert, sondern die Geschichte des CIA-Analysten auf Anfang zurückspult und gleichzeitig in die Gegenwart transferiert. Auf seine geradlinige und überschaubare Weise ist die Angelegenheit mit zünftigen Actioneinlagen vor Moskauer Postkartenmotiven und Rededuellen in Nobelrestaurants und schicken Designerbüros recht unterhaltsam ausgefallen. Dem Drehbuch von Adam Cozad und David Koepp hätte man mehr Raffinesse im dramaturgischen Detail gewünscht. So manche Verwicklung wirkt aufgesetzt und unglaubwürdig. Etwas langatmig sind auch die Szenen vor Computerbildschirmen geraten, in denen der CIA-Analyst aufgeregt auf Tabellen starrt und nervös darauf wartet, dass das Herunterladen feindlicher Datensätze endlich abgeschlossen ist. Kriechende Downloadbalken sind auf der Kinoleinwand noch weniger sexy als auf dem heimischen Monitor. Martin Schwickert USA 2013 R: Kenneth Branagh B: Adam Cozad and David Koepp K: Haris Zambarloukos D: Chris Pine, Kevin Costner, Kenneth Branagh. 105 Min.
|