Inside WikiLeaks Zuviel Information Ein etwas atemloser Film über die Whistleblower-Plattform und ihren sinistren Boss Gib dem Menschen eine Maske, und er wird dir die Wahrheit sagen" - mit diesem Oscar-Wilde-Zitat schließt Julian Assange seinen Vortrag. Es sind nur ein knappes Dutzend Teilnehmer, die sich im Auditorium beim Treffen des "Chaos Computer Club" in Berlin versammelt haben, um den fahrigen Ausführungen des weißblonden jungen Mannes zuzuhören. Von einer "neuen Form der sozialen Gerechtigkeit" durch eine Internetplattform, die Geheimnisse aufdeckt und den Informanten totale Anonymität gewährt, schwärmt der australische Hacker - und schaut dabei in vornehmlich desinteressierte und unverständige Gesichter. Keine drei Jahre später ist der WikiLeaks-Gründer ein Medienstar und wird als Robin Hood der Informationsgesellschaft gefeiert. Von milliardenschweren Steuerhinterziehungen durch Schweizer Banken bis hin zu Videodokumenten, die den gewaltsamen Tod von Zivilisten und Journalisten durch die US-Armee im Irak belegten, reichen die Veröffentlichungen der "Whistleblower"-Plattform, die Politik und Geheimdienste erheblich unter Druck setzte. Regisseur Bill Condon versucht den wilden Informationsstrom zu WikiLeaks fürs Kino zu bändigen. Die Erzählperspektive liegt dabei vornehmlich auf der Sicht des deutschen Hackers Daniel Domscheit-Berg (Daniel Brühl), der seit 2007 gemeinsam mit Assange (Benedict Cumberbatch) die Internetplattform aufgebaut hat. Über ihn nähert sich der Film dem charismatischen WikiLeaks-Gründer, dessen Wesen so diffus ist wie die zahllosen E-Mail-Adressen es sind, derer sich Assange im Chatroom bedient, um zu verschleiern, dass das Unternehmen nur aus zwei Personen und einem leistungsstarken Server besteht. Chronologisch hangelt sich der Film von einer brisanten Veröffentlichung zur nächsten und zeigt den Aufstieg Assanges zum Medienstar, der mit seinen manipulativen Fähigkeiten Mitstreiter wie Gegner in Schach hält. Benedict Cumberbatch ist sicherlich ideal besetzt in der Rolle des undurchsichtigen Manikers, hat aber in der gehetzten Etappendramaturgie zu wenig Platz, seine Fähigkeiten zu entfalten. Erst im Schlussmonolog zeigt sich, was Cumberbatch aus dieser Rolle hätte machen können. In dem Bemühen, mit dem Camp-Faktor seines Helden zu konkurrieren, setzt Bill Condon auf eine angestrengt coole Optik. Besonders misslungen sind die Versuche, die komplexen Vorgänge im Cyberspace mit Hilfe eines Großraumbüros zu visualisieren, dessen Boden magisch-realistisch mit Sand bedeckt ist. Condon lässt die Kamera auf den Streifzügen durch die Hackerszene kaum zur Ruhe kommen und versucht durch hektische Schnittfolgen visuell eine Dynamik zu erzeugen, die sich auf der Erzählebene nicht herstellen will. Eine interessante Figur wie Bradley Manning, der WikiLeaks die entscheidenden Dokumente zum Irakkrieg sowie die Depeschen der US-Botschaften auf einer "Lady Gaga"-CD zugespielt haben soll, erscheint nur kurz als Nachrichtenbild auf dem Monitor. Das Ermittlungsverfahren gegen Assange wegen sexueller Belästigung wird nur im Abspann verhandelt. Und so ist das vor allem ein Film der verpassten Chancen. Martin Schwickert The Fifth Estate. USA/Belgien 2013 R: Bill Condon B: Josh Singer K: Tobias Schliessler D: Benedict Cumberbatch, Daniel Brühl, David Thewlis
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