»IRREN IST MÄNNLICH«

Unfruchtbar

Schon wieder ein deutscher Lachfilm

Verrisse über deutsche Beziehungskomödien zu schreiben macht keinen Spaß. Zu abgedroschen sind die Klischees, die aufeinandergehetzt werden, zu flach ist das Pointenniveau, zu offensichtlich drittklassig die technische Umsetzung. Heben wir also unser ganzes böswilliges Vokabular für die wirklich dringenden Fälle auf und versuchen es mit einem Trick: Blenden wir den Qualitätsvergleich mit der internationalen Filmproduktion aus und schrauben die Plattform unserer Ansprüche um einige Drehungen herunter. Und siehe da, auf der Basis solch eingeschränkter Wahrnehmung und freiwilliger Selbstkontrolle wird aus einem Film wie Irren ist männlich eine durchaus annehmbare, unterhaltsame Komödie.
Von Midlife-Crisis keine Spur im Leben des erfolgreichen Anwalts Thomas Neumann (Herbert Knaup). Zwei wundervolle Kinder bringen zum Hochzeitstag das Frühstück ans Bett. Die Ehe mit Bettina (Corinna Harfouch) geht ins dreizehnte glückliche Jahr. Vor der Haustür dokumentieren Erst- und Zweitwagen eines süddeutschen Automobilherstellers finanzielle Sorglosigkeit. In der Mittagspause ein Quickie mit Susanne (Natalia Wörner), die seine Ehe nicht infrage stellt - das ist das Glück, wie man es aus deutschen Vorabendserien kennt.
Ein Blick unter das Mikroskop bringt alles zum Einsturz. Als der flotte Mittvierziger einen Spermatest durchführen läßt, muß er feststellen, daß er unfruchtbar ist und es schon immer war. Eine solche Nachricht kratzt doch ganz erheblich an der Ehre eines zweifachen juristischen Vaters. Geradezu manisch beginnt er zu recherchieren, um den tatsächlichen Erzeuger der Kinder ausfindig zu machen. Hauptverdächtig sind zwei Freunde aus alten Tagen. Der eine mittlerweile erblindet und geschäftstüchtiger Telefonsexanbieter (Dominik Graf), der andere langjähriger Patient in einer italienischen Nervenheilanstalt (Axel Milberg). Als der betrogene Ehemann beide zu einem Wiedersehensfest einlädt, um der Sache auf den Grund zu gehen, kulminiert die Geschichte in einem sorgfältig inszenierten, unterhaltsamen Fiasko.
Das ist vertrauter deutscher Komödienstoff. Allerdings beherrscht die Regisseurin Sherry Hormann dieses Handwerk deutlich besser als andere Kollegen. Die Witze haben echte Pointen, die dann sogar gut getimt eingesetzt werden. Das Drehbuch wartet mit tatsächlich überraschenden Wendungen im Handlungsverlauf auf, und an einigen Stellen kann man lachen, ohne den Verdacht gutmütiger Kleingeistigkeit auf sich zu lenken. Ja, sogar den Schauspielern schaut man gerne bei ihrer Arbeit zu - allen voran Corinna Harfouch, eines der wenigen kantigen Frauengesichter, die im hiesigen Filmgeschäft zugelassen sind. Der Kameramann Gerard de Battista setzt das Ganze optisch ansprechend und handwerklich solide ins Bild. All das sind keine Selbstverständlichkeiten im deutschen Film, und natürlich ist Irren ist männlich nicht der große Wurf. Der Film bietet gesundes Mittelmaß und erreicht dieses Klassenziel allerdings mit ungewohnter Leichtigkeit. Daß das Ganze eher in die Acht-Uhr-Schiene eines öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders gehört und nicht gerade zwingend im Kino gezeigt werden muß, ist eine andere Geschichte und ein altes Problem, von dem wir nicht schon wieder anfangen wollen.

Martin Schwickert