IRON MAN Sehnsucht nach Gewalt Robert Downey jr. als Superheld - das muss einen intelligenten Film ergeben Den meisten Superhelden fallen ihre übernatürlichen Fähigkeiten einfach in den Schoß. Superman wurde aus dem All auf die Erde geschossen. Spider Man verdankt seine Kraft bekanntlich einem Spinnenbiss, und die Mutanten-Mannschaft von X-Men ist das Ergebnis von nicht ganz nach Plan gelaufenen genetischen Experimenten. Aus der Reihe der Zufallsheroen fiel Iron Man , der 1963 im Marvel-Verlag das Licht der Welt erblickte, immer ein wenig heraus. Der erfolgreiche Rüstungsunternehmer und Playboy, der mithilfe eines selbst gebastelten, stählernen Hi-Tech-Anzugs zum Superhelden avanciert, ist der klare Gegenentwurf zu dem bescheidenen Softie Peter Parker und seinem elastischen Spinnenmann-Kostüm. In den ersten Jahren war der eiserne Held hauptsächlich in antikommunistischer Mission unterwegs, wandelte sich aber zunehmend zu einer differenzierten und konfliktbeladenen Figur. Regisseur Jon Favreau ( Zathura ), der dem Comic-Helden nun eine filmische Identität verschafft, setzt seinen "Iron Man" mitten hinein in die politischen Konflikte unserer Gegenwart. Stark (Robert Downey jr.) ist der Inbegriff eines zynischen Geschäftsmannes und militanten Patrioten. "Es heißt, die beste Waffe sei eine, die man niemals abfeuern muss", sagt er mit einem Glas Whiskey in der Hand bei der Präsentation seines neuen Waffensystems in der Krisenregion am Hindukusch. "Aber die beste Waffe ist die, die man nur ein einziges Mal abzufeuern braucht - so hat es Dad gemacht, so macht es Amerika, und bisher hat's ganz gut geklappt!" Papa Stark hat den USA zur Atombombe verholfen und auch Sohnemanns Mehrfachsprengkopf zeigt bei der Waffenmodeschau eindrucksvoll seine vernichtende Wirkung. Wenig später findet sich der Militärkonvoi allerdings im Kreuzfeuer einer Terrorgruppe, die ebenfalls mit Waffen aus dem Hause Stark operiert und den Firmenchef in eine Höhle verschleppt, wo er für die bärtigen Bösemänner eine Superbombe bauen soll. Statt dessen schmiedet sich Stark eine Hi-Tech-Ritterrüstung, mit der er sich aus der Gewalt der Terroristen befreit. Auf der Pressekonferenz bei seiner Rückkehr verkündet Stark den Rückzug seines Unternehmens aus dem Rüstungsgeschäft an. Aufsichtsrat, Aktionäre und vor allem der undurchsichtige Geschäftsführer Stane (Jeff Bridges) sind entsetzt. Danach widmet sich Stark im Keller seiner weitläufigen Villa ausschließlich der Entwicklung eines neuen Kampfanzuges, mit dem er selbst von einem Krisenherd zum nächsten düsen und eigenhändig für Gerechtigkeit und Ordnung sorgen kann. Im Gegensatz zu Kollege Spider Man, der neben der normalen Alltagskriminalität vor allem gegen mythische Gegner und um seine große Liebe kämpft, greift Iron Man aktiv ins aktuelle militärisch-politische Weltgeschehen ein. Der vom Saulus zum Paulus geläuterte Rüstungsunternehmer verkörpert die Sehnsucht nach einer exekutiven Macht, die frei von egoistischen und nationalen Eigeninteressen agiert. Der selbstgebastelte Hi-Tech-Kampfanzug bedient dabei gleichermaßen männliche Allmachtsfantasien und globales Gerechtigkeitsempfinden. Von dem klug gegen den Strich besetzten Robert Downey jr. über Terrence Howard als loyalen Freund des Eisenmannes bis hin zu Jeff Bridges in der Rolle des wunderbar schurkischen Gegenspielers sorgt das erstklassige Ensemble dafür, dass die Figuren nicht in grobschlächtigen Comic-Klischees steckenbleiben. Einzig Gwyneth Paltrow als treuherzige Assistentin des Helden wirkt hier ein wenig fehl am Platz. Auch wenn Iron Man sich im letzten Viertel dann doch zu sehr in der militärischen Einsatz-Choreografie verrennt, gehen die politischen Verweise und die differenzierten Charaktere nicht im CGI-Spektakel unter. Vielleicht schafft es Hollywood ja doch noch, das hohldrehende Genre der Comic-Verfilmungen vor der vollkommenen Infantilisierung zu retten. Martin Schwickert USA 2008 R: Jon Favreau B: Mark Fergus, Hawk Ostby, Art Marcum, Matt Holloway K: Matthew Libatique D: Robert Downey Jr., Terrence Howard, Jeff Bridges
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