Inuk

Das Eis ruft

Jugendfreizeit in Grönland: Robbenjagd und Arschabfrieren

Als kleiner Junge musste Inuk mitansehen, wie sein Vater plötzlich im Eis versank. Das hat Inuks Mutter aus der Bahn geworfen und ihn selbst zu einem rastlosen Stadtkind gemacht, das immer wieder von der Polizei aufgelesen wird.

Als Therapie-Maßnahme wird Inuk in den Norden Grönlands geschickt, in ein Kinderheim mit anderen armen Seelen. Hier ist nichts los, nur ein eisiger Wind bläst, und die Heimleiterin beschließt, dass die Gruppe gemeinsam mit ein paar Robbenjägern raus aufs Eis und auf die Jagd geht.

Die erwarteten gruppendynamischen Prozesse werden in Inuk nur angedeutet, denn eigentlich geht es ganz allein um ihn, Inuk, den Halbwaisen, der seiner alkoholkranken Mutter und seinen Erinnerungen an den Tod des Vaters entkommen möchte.

Viel gesprochen wird hier nicht. Ein Großteil des Films besteht aus Eisansichten, meistens geschossen aus einem fahrenden Hundeschlitten heraus, was wirklich großartige Bilder ergibt, die leider durchgehend von einem wummernden Soundtrack erschlagen werden. Die dramaturgische Auflösung - Inuk muss die traumatische Situation seiner Kindheit noch einmal durchleben - ist von ergreifender Schlichtheit. Dabei ist die Naivität des Films (der in der Originalsprache der Inuit gedreht und untertitelt wurde, was in der deutschen Synchronisation natürlich weniger auffällt) grundsympathisch. Statt Kulturkritik an den Zuständen - wir sehen zu Beginn eine ganze Inuit-Familie im Suff versinken - wird das individuelle Schicksal und der Wille, es zu besiegen, in den Vordergrund gestellt. Gib einem Inuit einen Schlitten, was zu Jagen und viel Eis, und er findet zu sich selbst. Solche Geistesschlichtheiten muss man mögen, um die schöne nordländische Bilderwelt des Films goutieren zu können.

Thomas Friedrich

Grönland/F 2010 R: Mike Magidson B: Mike Magidson, Ole Jørgen Hammeken, Jean-Michel Huctin K: Xavier Liberman, Franck Rabel D: Gaba Petersen, Knud Therkielsen, Ole Jørgen Hammeken