Insidious Tückisches Heim Eine Poltergeist-Variante voller Fallen Schon während des Vorspanns lockt uns James Wan in Grusel und Gähnen. Schwarzweiß-Bilder aus einem unübersichtlichen Haus, in dem mal ein Bild verrutscht, mal ein leerer Stuhl vom Tisch abrückt. Na klar, paranormale Phänomene, kenn' ich, weiß ich, war ich schon. Aber James Wan, sein Autor Leigh Whannell (beide stecken hinter der Saw-Reihe) und sein Produzent Oren Peli (Paranormal Activity) sind heimtückischer als wir erwarten. Sehr schnell verwickeln sie eine glückliche Familie mit Kindern in spukige Vorgänge, lassen das Böse per Babyfon die Mutter erschrecken und den zu lange arbeitenden Vater seltsame Träume haben. Sehr schnell fällt einer ins Koma und alle ziehen aus dem typischen Haunted House aus in ein neues, lichteres, in dem die Gardinen aber noch viel unheilschwangerer an offenen Fenstern wehen können. Und die Geister noch schneller lospoltern als bisher. Der Indianerfriedhof fällt also als Deutungsmuster schon mal aus. Stattdessen scheint an der Familiengeschichte etwas in Unordnung zu sein. War da nicht etwas mit einem fehlenden Foto? Aber kaum nistet sich ein Verdacht auf einen größeren Spannungsbogen ein, schon holt James Wan das nächste Stereotyp aus der Trickkiste. Geistigen Beistand etwa, oder leicht vertrottelte Ghostbusters, die mit ektoplasmatischen Viewmastern das Jenseits suchen und das Rätsel des Geheimnisses im Diesseits finden. Natürlich genregerecht getarnt unter einer langen Geschichte voller Astralreisen und Seelenfresserdämonen, die dem bisher mehr subtil schockierten Publikum nun eine Variante des Exorzisten zumuten. Sowie ein paar Seitenblicke auf Nightmare on Elm Street und geradezu Seitenhiebe auf Paranormal Activity. Plus ein kleines Saw-Andenken. Dabei will Insidious deutlich eher ein Old School-Grusler sein als ein postmorbides Zitatenhorrorkabinett. Es funktioniert auch ganz gut, bis alle schwer verstört im Wohnzimmer beisammen sitzen, sich lange Vorträge über Astralprojektionen anhören müssen und zu einer Séance schreiten, die garantiert in der nächsten Genre-Parodie vorkommt. An dieser Stelle scheint der Drehbuchautor das Kino verlassen zu haben, weil jetzt nur noch Geisterbahn kommt. Der Schrecken stammt leider doch nicht aus zerrütteten Verhältnissen, Gottesferne, frühen Traumen oder was es sonst noch im Kochbuch innerer Motive gibt, sondern bloß von huschenden Schemen, heranschlurfenden Schauergestalten, herumgrabbelnden Teufelsfratzen und einem frechen Schluss-Twist, der bei ordentlichen Horror-Filmen gerade mal den Witz nach dem Nachspann abgegeben hätte. Mit einem winzigen Budget realisierten die Kassenwunder des Grauens einen zu Zweidritteln packenden Film, der intelligenter aussieht als ausgeht. Wing USA 2010. R: James Wan B: Leigh Whannell K: David M. Brewer D: Patrick Wilson, Rose Byrne, Barbara Hershey, Lin Shaye
|