IN IHREN AUGEN

Leiden mit Geigen

Ein Mord, eine schöne Richterin und ein trauriger Ermittler

Dieses argentinische Melodram entwickelt mit erstaunlich verzögertem Tempo seine Geschichte, um am Ende beinahe überstürzt zum Kern zu gelangen.

Argentinien in den 70ern, kurz vor Beginn der Militärdiktatur wird der Ermittler Benjamin Esposito zu einer Vergewaltigung gerufen, die für das Opfer tödlich endete. Von der malerisch dahingerafften jungen Frau fasziniert (selten wird im Kino derart ausführlich ein geschundener Körper präsentiert) und der Liebe des jungen Witwers gerührt, übertritt er bei seinen Ermittlungen einige Grenzen, die ihm seine bornierten Vorgesetzten ziehen. Trotz der Unterstützung durch die junge, attraktive Untersuchungsrichterin Irene Menendez-Hastings und durch seinen Freund Ricardo Morales ergeben sich Grenzen, die nicht einmal Esposito zu überschreiten vermag. Und als Militärs das Land übernehmen, scheint der Mörder für Esposito endgültig unerreichbar zu sein.

Der TV-geschulte Regisseur und Drehbuchautor Juan José Campanella hat diese etwas triviale Geschichte (die durch eine tragische Liebesgeschichte erst so richtig schön traurig wird) mit den üblichen Mitteln der TV-Dramaturgie inszeniert: Schnitt - Gegenschnitt - Nahaufnahme, leichter Zoom. Und wenn es so richtig gefühlig werden soll, soll der penetrante Geigensoundtrack das richten, was Inszenierung und Schauspieler nicht hinbekommen.

Die eigentliche Frage - wie lebt man ein Leben um eine Leere herum - wird gegen Ende derart aufdringlich gestellt, dass man sich fragt, ob Campanella doch noch gemerkt hat, was für einen leeren Murks er da gedreht hat, trotz bisweilen guter Sequenzen; eine Verhaftung im Fußballstadion entwickelt tatsächlich so sehr Tempo und Spannung, dass man glaubt, hier habe die Second Unit gedreht.

Für die Oscar-Academy war das der beste fremdsprachige Film des letzten Jahres. Da mag das schlechte Gewissen darüber, diese Diktatur seinerzeit hofiert und unterstützt zu haben, eine größere Rolle gespielt haben als künstlerischer Sachverstand.

Die Gefühlsbewegungen bleiben oberflächlich, der politische Hintergrund wird nur als dramaturgisches Mittel benutzt. Selten ist die Melange aus Melodram und Thriller so in die Hose gegangen.

Victor Lachner

El secreto de sus ojos Arg / Sp. 2009 R & B: Juan José Campanella K: Felix Monti D: Soldedad Villamil, Ricardo Darin, Carla Quevedo, Pablo Rago