Inherent Vice - Natürliche Mängel Affektierte Leere Paul Thomas Anderson neben der Spur Nach mehr als zwei Stunden dieser ausgedehnten "Rockford"-Episode mit Beachbunnys, vermuffelten Hippies, nasebohrenden FBI-Agenten und einem dementen Baulöwen setzt Regisseur und Drehbuchautor Anderson schließlich eine Hintergrundmusik ein, die uns signalisieren soll: Jetzt wird's aber spannend! Selten war die akustische Gefühlshilfe so willkommen wie in diesem breitgequatschen bebilderten Hörspiel, in dem Paul Thomas Anderson einerseits die Drogen- und Hippiekultur der 70er aufleben lassen will (was aber hauptsächlich Sache der Abteilung "Alte Autos und Perücken" bleibt), andererseits an alte Erfolge anknüpfen möchte. Die ausufernde Epsiodenhaftigkeit erinnert an Magnolia, der Zeitgeistkult an Boogie Nights, beides tragisch-komödiantische Meisterstücke des Kinos. Danach hat Anderson sich mit Schwergewichtsfilmen wie There will be Blood und The Master in jene Todernst-Ecke begeben, in der vor allem die Marotten und Affektiertheiten der Hauptdarsteller den Ton bestimmen. Wenn man weiß, dass dieser Krimi ohne Plot ursprünglich mit Robert Downey Jr. gedreht werden sollte, ahnt man, was das hätte werden können, wenn nicht die immer unerträglicher werdenden Manierismen von Joaquin Phoenix den Rest ruiniert hätten. Jenen kleinen Rest, der nicht durch die albernen, immer gleichen Kamerabewegungen von Anderson ruiniert wurde, jenen Rest, der neben dem offenkundig gewollten Overacting und den schlechten Action-Sequenzen unfreiwillig komisch wirkt. Immerhin: Ein guter Gag ist drin, wenn Phoenix als privater Ermittler auf den Oberbösen durch die sich schließende Tür ballert und dann, ergebnisunsicher, durch die Tür brüllt "Hab ich dich getroffen?". Ansonsten geht es hier eher flachwitzig zu. Auch über Andersons Frauenbild muss man nach diesem Film nicht mehr reden. Was bleibt nach zweieinhalb Stunden unendlicher Qualen: Die brillante Leistung von Josh Brolin als L.A. Cop Christian F. "Bigfoot" Björnsen, der kleine, verhuschte Auftritt von Owen Wilson als Spitzel, ein altgewordener Martin Short, der sich fröhlich was wegpfeift und Phoenix auf eine Runde LSD einlädt. Und der alte Eric Roberts als wegdämmernder Immobilienmogul, dessen Verschwinden die ganze wirre Handlung in Gang setzt. Meistens guckt man allerdings in das großaufnahmige Gesicht von Joaquin Phoenix, der nicht einen Satz sprechen kann, ohne dabei mit den Augen zu rollen oder sonst eine Geste zu machen, sei sie auch noch so sinnlos. Manchmal beginnt er auch Gesten, die er dann abbricht, und das heißt dann: "Guck, eigentlich wollte ich diese Geste machen, aber ich hab dann gemerkt, dass sie falsch wäre, und dann hab ich das abgebrochen und ... ist das nicht brillant? ... hey, wie war jetzt mein Satz nochmal?". Kein Wunder, dass der Film über zwei Stunden braucht, um dieses Nichts an Geschichte zu erzählen. James Rockford, im gleichen Milieu tätig, hat solche Fälle in 42 Minuten gelöst, Polanski (dessen Chinatown hier mächtig im Weg liegt) brauchte auch 130 Minuten, aber davon war immerhin jede einzelne spannend. Thomas Friedrich USA 2014 R & B: Paul Thomas Anderson K: Robert Elswitt D: Joaquin Phoenix, Reese Witherspoon, Owen Wilson, Josh Brolin, 148 Min
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