»THE IMPOSTORS« Auf See
Stanley Tucci spielt die Marx Brothers nach Wenn Schauspieler ins Regiefach wechseln, dann schreiben sie sich gerne die Rollen auf den Leib. In seinem Regiedebüt Big Night spielte Stanley Tucci den melancholischen italienischen Restaurant-Besitzer, der in den 50er Jahren vergeblich gegen das mangelnde Gourmet-Bewusstsein der amerikanischen Mitbürger ankämpft. Big Night war ein im besten Sinne nostalgischer Film. Auch Tuccis neue Regiearbeit reist in die verklärte Vergangenheit. Die 30er Jahre - das war die Zeit der großen Depression, der luxuriösen Ozeandampfer, der Marx-Brothers und von Laurel & Hardy. An die beiden Komiker erinnern der schmächtige Arthur (Stanley Tucci) und der vollschlanke Maurice (Oliver Platt) auf den ersten Blick. Die arbeitslosen Schauspieler haben sich ganz der brotlosen Kunst verschrieben und schlagen sich mit kleinen Trickbetrügereien durch das harte Leben in New York. Dem selbstgefälligen Theaterstar Burtom (Alfred Molina) begegnen sie mit tiefster Verachtung. Eine handgreifliche Auseinandersetzung zwingt Arthur und Maurice zu überstürzter Flucht. Als sie morgens verkatert in ihrem Versteck aufwachen, stellen sie fest, dass sie sich auf einem Kreuzfahrtschiff mit Kurs auf Europa befinden. Als blinde Passagiere verstecken sich die beiden Vollblutschauspieler hinter ständig wechselnden Rollen und sorgen unter Deck für allerhand Unordnung. Mit an Bord des Luxusliners ist eine Reihe skurriler Gestalten: der selbstmordgefährdete Entertainer Happy Frank (Steve Buscemi), die entthronte Königin eines unbekannten Reiches (Isabella Rossellini), ein kraftstrotzender schwuler Tennischampion (Billy Connolly), kommunistische Bombenbastler (Richard Jenkins/Allison Janney), ein faschistoider erster Maat (Campbell Scott) und natürlich der verhasste Mime Burtom. Mit jeder Kabinentür öffnet sich eine neue Episode, und was als stimmungsvolle 30er-Jahre-Hommage begann, verläuft sich mit dem Ablegen des Dampfers in einer ziellosen Kraut-und-Rüben-Dramaturgie. Mit The Impostors versucht Stanley Tucci, den Slapstick-Humor der Marx-Brothers in die Gegenwart zu importieren. An die genialen Albernheiten seiner filmgeschichtlichen Vorbilder reichen Tuccis belanglose Blödeleien jedoch nie heran. The Impostors wirkt wie eine Improvisationsübung für befreundete Schauspieler, und offensichtlich hat Stanley Tucci an langen Abenden in der Theaterkantine einfach zu vielen Kollegen eine Rolle versprochen. Dass das Ensemble eine gute Zeit miteinander hatte, erkennt man auch auf der Leinwand. Aber nicht immer wenn sich Schauspieler amüsieren, wird auch ihr Publikum gut unterhalten.
Martin Schwickert
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