ICE AGE Kinderliebe Kerle
So würden wir doch alle gerne einmal untergehen Dieses Animations-Meisterwerk ist ganz und gar nicht auf der Höhe der Zeit. Glücklicherweise. Wo in Monster Inc. neulich die Pixar-Dream-Machine 385tausend Haare pro Figur in Echtzeit einzeln am Computer berechnen liess, da setzt Ice Age einfach auf klare Formen, die den Prozessor nicht mit Unwesentlichem belasten (dafür ist, wen's technisch interessiert, die Lichtmodellierungsuper) Es gibt nur ein direktes Film-Zitat, und dass ist derart dreist bei Disneys Donald geklaut (eine aufbrechende Spalte im zugefrorenen Teich jagt den Helden) und so deutlich "neben" die Geschichte gesetzt, dass die Haupt-Story unbelastet originell wirken kann (für Insider: fast alle im Animatioinsteam haben bei Disneys gelernt, bis die Pixar kauften). Ein paar zig tausend Jahre vor heute, Mittwoch morgens. Drei Urzeit-Viecher, die weder im Charakter noch in ihren Nahrungsgewohnheiten zu einander passen, raufen sich zu einer Crew zusammen, um ein versprengtes Menschenbaby zurück zu seiner Herde zu bringen. Während der Rest der proto-glazialen Fauna maulend nach Süden marschiert ("Wieso heißt das eigentlich Eiszeit? Wäre temperatur-reduzierte Saison nicht politisch korrekter?"). Und die Menschen, stumm und scheinbar dumm, nach Norden aufbrechen (ja, geschenkt, Paläontologen finden viele Ungleichzeitigkeits-Fehler). Ein freundliches Mammut, ein unerträglich witzelndes Faultier und ein höchst mörderischer Säbelzahntiger mit Hintergedanken schleppen das süsse Menschen-Balg durch die Eiswüste. Na gut, The Godfathers ist natürlich das Vorbild, aber wer kennt die schon, obwohl die Geschichte mindestens sieben Mal verfilmt wurde? Und damit man nicht merkt, dass die Story eigentlich keinen Film füllt, taucht das lustige Wesen aus Trailer und Vorspann (eine Art Ratten-Eichhörnchen) noch ein paar mal mitten drin auf, um seine Nuss vor den Naturgewalten zu retten. Das Nummernrevue-Konzept funktioniert, weil einem die Protagonisten schnell ans Herz wachsen. So sehr, dass sogar albernste Brüche im Plot eher als Zusatz-Spass denn als Störung verstanden werden. Auch die ärgerlich penetrante Familien-Fixierung der Ersatz-Väter wird durch Zwischen-Szenen abgefedert, mal ur-komisch (ein Dodo-Balett, das auch in "Alice im Wunderland" gut aussähe), mal melodramatisch mit Meta-Twist: das einsame Mammut entdeckt menschliche Felszeichnungen von einem Mammut - und die werden zu einem Animationsfilm-im-Animationsfilm, der von einem glücklichen Mammut-Paar mit Mammut-Baby erzählt. Schnief. Und Hut ab. Futter für Herz und Hirn auf einmal. Ganz am Schluss, nach Versöhnung aller Fressfeindschaften in der Truppe, brechen die überlebenden sprechenden Personen (sauber: Menschen haben in Ice Age nichts zu sagen) doch nach Süden und in die Gegenwart auf. Und der Witzbold der Bande schwadroniert los: Eiszeit fände er langweilig. Globale Erwärmung, da ständ' er drauf. Dann taucht noch einmal die Vorspann-Ratte auf - aber den Witz verraten wir nicht. Nur diesen noch: es gibt keine Bloopers im Nachspann. Sich so dem Zeitgeist im Animations-Genre zu verweigern, hat schon Klasse.
WING
USA 2002, R: Chris Wedge M: David Newman, B.: Michael Berg, Michael Wilson, Peter Ackerman
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