»EINE HOCHZEIT ZUM VERLIEBEN«

Real americans

Die 80er - ein Jahrzehnt zum Verlieben?

Wir haben diese Musik gehört! Wir hatten diese Frisuren! Wir kannten Leute, die solche Klamotten getragen haben! Die 80er sind wahrhaft ein Phänomen unter den Jahrzehnten. Unpolitischer, geschmackloser und Atari-fixierter wird sich so schnell keine Generation mehr geben, niemand wird hoffentlich je wieder rosa mit gelb und lila kombinieren, und jeder Studio-Pförtner ist ja heute darauf geschult, Bands wie "Kajagoogoo" gar nicht erst hereinzulassen. Trotzdem - nein, gerade deshalb war es Zeit, diesem speziellen Dekaden-Feeling endlich filmischen Ausdruck zu verleihen, was Regisseur Frank Coraci als Kind der 80er entschlossen in die Hand nahm. Das Ergebnis ist die leidenschaftliche Würdigung eines Jahrzehnts, das in Deutschland neben den "Grünen" eben auch Nena und Falco hervorbrachte, neben Gottschalk & Krüger-Filmen allerdings auch Helmut Kohl.
Zwar ist Eine Hochzeit zum Verlieben ein geradezu triefend amerikanischer Film, doch sowohl Lebensgefühl als auch der Ausdruck von Mode und Musik ergeben eine Sprache, die hierzulande ebenso gut zu verstehen und mit gleich viel Spaß konsumierbar ist.
Die Story erweist sich dabei als so wichtig wie der Beipackzettel zu einer Packung Kondome - interessiert eigentlich niemanden. Sie ist romantisches Beiwerk und so dicht an wahren Problemen, wie 80er-Pop an Duke Ellington: Der herrlich komische Selbstzweifler und Hochzeitssänger Adam Sandler verliebt sich in Hefeteig Drew Barrymore, die einem fiesen Yuppie-Popper versprochen ist. Mit Hilfe von Billy Idol (himself!) kriegen sie sich und heiraten.
Regisseur Frank Coraci kann seine Dekaden-Herkunft in keinem Moment leugnen und schafft mit Autor Tim Herlihy eine Reihe herrlich typisierter Figuren, die zu gut zusammengestellten Pop- und Wave-Songs ihr Leben problematisieren. Am meisten zu leiden hatte sicherlich Schauspieler Allen Covert, dessen Figur Sammy jede neue Modewelle aufgreift: Fallschirmhosen, Netzhemden, Fönfrisuren, Jacos Silbergriffel, und selbst Horst Schimanski hätte beim Anblick seines Schnurrbartes laut "Scheiße" gerufen. Alexis Arquette als Boy George-Verschnitt, Matthew Glave als schmieriger Börsen-Yuppie und ein versoffener Steve Buscemi komplettieren einen Figurenreigen, der sich mit arg lustiger Slapstick zu einer höchst spaßigen Reise in die junge Vergangenheit vereint.

Oliver Baumgarten