»DIE HOCHZEIT MEINES BESTEN FREUNDES« Fallrückzieher
Julia Roberts stupst sich selber von der Bettkante Miß Großmund jetzt als Hepburn für die 90er? Muß neuerdings jeder zweite Film in Weiß heiraten? Und hätte P.J. "Muriels Hochzeit" Hogan sein US-Debüt nicht bei einem anderen Produzenten als ausgerechnet Jerry Zucker geben können? Andererseits bleibt eine gewisse Heiterkeit sehr wohl zurück. Ganz am Ende, nachdem Julia Roberts geschlagene vier Mal flach auf den Rücken gefallen ist. Und ihr torschlußpanischer Plan, Braut anstelle der Braut zu werden, ins Wasser. Was so kam: Julia ist eine unabhängige Powerfrau Ende 20, mit vielen Affären, einem bezaubernden schwulen Freund für alle Tage (Rupert Everett), und einem etwas langweiligen besten Freund aus alten Tagen. Der will plötzlich auswärts heiraten - und Julia setzt sich vor Schreck neben das Bett. Plumps. Überstürtzter Aufbruch zur Abfangjagd. Wenn schon jemand ihren besten Freund heiratet, dann doch sie, denkt sie - und lenkt, von der liebreizenden Hochzeitsgesellschaft gleich zur ersten Brautjungfer befördert, die Aufmerksamkeit der Eheleute in spe kreuzüber auf ihre jeweiligen Schattenseiten. Der Kerl schnarcht, die Konkurrentin kann nicht singen, deren stinkreiche Familie wird dem kleinen Sportreporter die Freiheit nehmen, der wiederum seine Liebste zum Studienabbruch zwingt. Als hektische Intrigantin macht Julia Roberts da durchaus Spaß. Und hat die Sympathien des Publikums. Auch das sentimentale Story-Gerüst (die Liebe wächst an Widerständen) funktioniert eine Zeit lang. Und sogar der deutlich über Drehbuchhänger hinweghelfende Einfall, Dialogwitz und Szenenstärke durch irgendwie warm-ironisch gemeintes Schnulzengrölen zu ersetzen, übersteht seine drei Wiederholungen leidlich. Aber langsam scheuert doch das Webmuster durch. Nachdem Julia verzweifelt zum Äußersten griff und eine kompromittierende eMail: fälschte (in der Synchro penetrant falsch "das eMail: " genannt), nachdem die Hochzeit platzt und ihr Gewissen pocht, gesteht sie endlich ihrem Freund ihre Liebe. Und würde ihn wohl gerade deshalb frei geben. Nur sieht die selber verzweifelte und versöhnungswillige Braut den Freundschaftskuß. Plumps. Drei Mißverständige liefern sich stehenden Fußes eine wenig zeitnahe Verfolgungsjagd à la Buster Keaton, der schwule Freund, der zwischendurch mal hinreißend einen eifersuchtserweckenden Verlobten mimen mußte, kommentiert per Handy weise das Geschehen (Telefone sind hier wichtiger als Tete-a-Tetes; und Rock Hudson/Doris-Day-Anspielungen sind das lustigste daran) ... ein Film mit sovielen Fehlern, daß man ihn fast lieb gewinnen könnte. Schmunzeln aber muß wohl selbst der Strengste dann und wann. Etwa wenn einer der bravourös neuenglisch besetzten Nebenrollen, der schandmäuligen Kusine der Braut, die Zunge beim Witzeln an einer protzigen Eisstatue auf dem Hochzeitsbankett festfriert. Michelangelos David. Da ziehen P.J. und Jerry mal am selben Strang. You know what I mean.
WING
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