HIGH CRIMES Stahlmagnolie
Der Gatte ein Mörder? - da wird Mutti aber sauer! Die Macht eines Stars im Hollywoodsystem erkennt man an der Uniformität seiner Filme. Um ihn herum können die krudesten Plotkonstruktionen toben, sein Image - Ergebnis einer sorgfältigen filmindustriellen Typenberatung - bleibt davon unberührt. Deshalb erstrahlt Sandra Bullock in jedem Film als Everybodys Darling, genauso wie Arnold Schwarzenegger über jede Story als stoischer Nur-Körper hinwegstampft. Ashley Judd hat hart daran gearbeitet, ein Star zu werden. In den Staaten hat sie es geschafft, und auch in Europa ist sie mittlerweile Stammkundin auf den Titelseiten der Life-Style-Magazine. In Heat und Die Jury diente sie sich als Ehefrau prominent besetzter Hauptfiguren nach oben. Seit ihrem Kassenerfolg Double Jeopardy spielt Ashley Judd selbst in der A-Liga. Starke Frauen in großer Gefahr sind ihr Metier. Stehauf-Figuren, die sich nicht unterkriegen lassen, selbst wenn sich die ganze Welt gegen sie verschworen hat. Auch in High Crimes kämpft sie gegen eine feindliche Übermacht, die ihr privates Glück von einem Tag auf den anderen zerstört. In den ersten Filmminuten erstrahlt Fortuna in handelsüblicher Perfektion. Im Nebengelass des geräumigen Eigenheimes geht Ehemann Tom (Jim Caviezel) einem nicht näher definierten handwerklichen Beruf nach, während Claire als erfolgreiche Anwältin einer baldigen Beförderung entgegen sieht. Dem Kinderwunsch wird mit Thermometermessungen und Kalenderberechnungen nachgegangen. Da explodiert mitten im weihnachtlichen Einkaufsbummel eine Blendschockgranate, schwerbewaffnete FBI-Ninjas werfen die Verliebten zu Boden und verhaften Tom wegen mehrfachen Mordes. Tom heißt nämlich eigentlich Ron und gehörte in seinem ersten Leben einer Spezialeinheit der Marines an, die 1988 in El Salvador ein Massaker verübt hat, für das Tom-Ron nun allein verantwortlich gemacht werden soll. Obwohl die unbekannte Zweit-Identität des Gatten das eheliche Vertrauensverhältnis erheblich belastet, übernimmt Claire die Verteidigung vor dem Militärgericht. Es beginnt ein Justizdrama, das durch Beziehungskonflikte, politische Verschwörungskonstrukte und außergerichtliche Action künstlich beatmet wird. Natürlich zieht im Hintergrund ein ganz Hohes Tier die Fäden. Selbstverständlich kommt die alles entscheidende Zeugin erst in den letzten Filmminuten zum Einsatz und sorgt für eine Schlusswendung, die die bisherige Geschichte routiniert über den Haufen wirft. Das alles sorgt unter der soliden Regie von Carl Franklin ( One False Move ) für eine gewisse Oberflächenspannung. Wer keine Fragen stellt, wird gut unterhalten. Zu den Fragen, die man nicht stellen sollte, gehört z.B.: Warum rollt ein Militärgericht nach 15 Jahren einen Fall wieder auf, dessen Hintergründe es eigentlich vertuschen will? Ashley Judd präsentiert sich wieder als unzerstörbare Intergritätsmaschine, die trotz Einschüchterungsversuchen, Blutergüssen und einer Fehlgeburt den Mut zum kämpfen nicht verliert.
Martin Schwickert
USA 2001 R: Carl Franklin B: Yuri Zeltser, Cary Bickley. K: Theo Van de Sande D: Ashley Judd, Morgan Freeman, Jim Caviezel
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