HIDALGO


Sandiges Selbstbild

Cool vs. Glutäugig: Ein Wettreiten durch Kulturen

Ein Mann, ein Pferd, dreitausend Meilen durch die Wüste: Denkbar einfach ist das Konzept von Joe Johnstons Abenteuerfilm - nur dass der Cowboy hier nicht durch die heimische Sierra Nevada trabt sondern durch die ausgedorrten Landschaften des Nahen Ostens.
Immer wieder hat Hollywood versucht, mit einem großen Wüstenepos an den Erfolg von Lawrence von Arabien (1962) anzuknüpfen. An dieser Aufgabe muss auch Hidalgo scheitern, wenn auch auf durchaus ansehnliche Weise. Viggo Mortensen (Herr der Ringe) spielt den Militärkurier und Halbblut-Indianer Frank T. Hopkins, der - ähnlich wie Kollege Tom Cruise in Last Samurai - durch seine traumatischen Erlebnisse bei Armeemassakern gegen Indianer vom wilden Westen in den Nahen Osten getrieben wird. Gesandte des arabischen Scheichs Riyadh (Omar Sharif) werben den legendären Langsteckenreiter an, der als erster Amerikaner an dem traditionsreichen Pferderennen durch die arabische Wüste teilnimmt.
Natürlich ist es von Anfang an klar, wer am Ende des 3000-Meilen-Rennens als Erster durchs Ziel reitet. Dazwischen liegen Sandstürme und Heuschreckenplagen, die Geiselnahme einer schönen Scheichtochter, die unlauteren Wettbewerbsmethoden einer britischen Rennstallbesitzerin und eine Menge interkultureller Empfindlichkeiten. An Lawrence von Arabien erinnern allenfalls ein paar Dünenaufnahmen und das Gesicht von Omar Sharif, der hier wieder in seiner klassischen Rolle als aufgeschlossener Repräsentant des Orients zu sehen ist. Östliche Tradition und westliche Moderne, die in Last Samurai auf kriegerischer Ebene aufeinander prallten, treten in Hidalgo auf spielerische Art gegeneinander an. Die arabischen Konkurrenten sind vielleicht ein wenig zu glutäugig geraten, während Viggo Mortensen als lässigster Cowboy seit Lucky Luke eine weltmännische Gelassenheit abstrahlt, die viel über das idealisierte Selbstbild Amerikas aussagt. Andere wären in dieser Rolle direkt ins Klischee hinein gestrudelt, aber Mortensen bewahrt mit kunstvoll vernuscheltem Understatement die Figur davor, dass sie im eigenen Charisma erstarrt.

Martin Schwickert
USA 2004 R: Joe Johnston B: John Fusco K: Shelly Johnson D: Viggo Mortensen, Zuleikha Robinson, Omar Sharif