DIE HERZOGIN

Krieg im Schlafzimmer

Keira Knightley mischt als »Die Herzogin« den englischen Adel auf

Im England des 18.Jahrhunderts war Georgiana Spencer eine Art Popstar. Man kann sich die Herzogin von Devonshire am besten als Mischung zwischen Effi Briest, Paris Hilton und Lady Di vorstellen. Mit Fontanes Romanfigur hat sie die glücklose Ehe mit einem kalten Machtmenschen gemeinsam. Mit der exzentrischen Hotelierstochter teilt sie das Schicksal des Glamourgirls, dessen Privatleben ein endloser Quell an Tratschvorlagen lieferte. Mit der Prinzessin von Wales verbindet sie nicht nur ein sehr entferntes Verwandtschaftsverhältnis, sondern auch der selbstbewusste Umgang mit der Etikette der britischen Adelsgesellschaft.

Gerade einmal 17 Jahre ist Georgiana (Keira Knightley), als der einflussreiche und deutlich ältere Herzog von Devonshire (Ralph Fiennes) sie als Ehefrau auserwählt. "Loyalität und einen männlichen Erben" verlangt der Herzog von seiner Gattin und macht sich gleich auf wenig empfindsame Weise an die Produktion. Als Georgiana nur Mädchen auf die Welt bringt, ist der Hausherr "not amused".

Im Gegensatz zum unterkühlten Gatten erwärmt sich die britische Adelsgesellschaft schnell für die junge Herzogin, die sich mit großen Selbstbewusstsein in die politischen Debatten ihrer Zeit einmischt und mit spektakulären Gewändern und turmhohen Perücken zur Fashion-Queen der englischen Society aufsteigt. Ermüdet von der ehelichen Beischlafakrobatik und ermuntert von ihrer besten Freundin Bess (Hayley Atwell) beginnt sie eine lustvolle Affäre mit dem liberalen Politiker und zukünftigen Premierminister Charles Grey (Dominic Cooper), von dem sie bald ein Kind erwartet. Der machtvolle Herzog zerstört diese Liebe genauso wie ihre Freundschaft zu Bess, die er als Mätresse in Gebrauch nimmt und ins herzogliche Anwesen einziehen lässt.

Saul Dibbs Die Herzogin ist mit wohl temperierten Austen-Verfilmungen wie Stolz und Vorurteil nicht zu vergleichen. Hier geht es um den Kampf zwischen Macht und Leidenschaft, Pragmatismus und Gefühl in einer Zeit, als die romantische Liebe mit ihrer unumstößlichen Gültigkeit noch nicht erfunden war. Dibbs folgt dem Adel bis in die Schlafkammern, wo es in den meisten Fällen wenig fein zugeht. Dennoch wird die Herzogin nicht nur als Opfer der Verhältnisse gezeichnet, sondern auch als Akteurin, die im Geschlechterkampf an Selbstbewusstsein gewinnt, ohne den Ehekrieg für sich entscheiden zu können.

Dass Keira Knightley in den spektakulären Kostümen eine gute Figur macht, kann man sich denken, auch wenn sie manchmal für die Rolle ein wenig zu jung wirkt. Ralph Fiennes hingegen füllt den Part des Widerlings mit unumschränktem Herrschaftsanspruch auf die eheliche und außereheliche Verkehrsordnung hundertprozentig aus, ohne die Figur ihrer eigenen Handlungslogik und verkrüppelten Gefühlswelt zu berauben.

Martin Schwickert

The Duchess GB 2008 R: Saul Dibb B: Saul Dibb, Jeffrey Hatcher, Anders Thomas Jensen K: Gyula Pados D: Keira Knightley, Ralph Fiennes, Charlotte Rampling