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Joaquin Phoenix verliebt sich in sein Smartphone - Der wahrscheinlich langweiligste Film der nächsten zehn Jahre

Was wäre das für ein netter Film geworden - wenn Philip Seymour Hoffman die Hauptrolle gespielt hätte. Also jemand, der mit dem Text und seiner Rolle ringt, dem man angesehen hätte, dass jede innere Bewegung erst einmal in Zweifel gezogen wird. Stattdessen spielt Joaquin Phoenix mit sympathischer Glätte den ziemlich hohlen Computernerd Theodore Twombly. Solche Namen hat sich Robert Sheckley früher für seine SF-Satiren ausgedacht, aber Phoenix und sein Regisseur Spike Jonze meinen das hier todernst und sind offenkundig von der eigenen Genialität vollkommen überwältig, sodaß für handwerklich Überlegungen kein Raum blieb. Etwa: Sollte man wirklich einen Film drehen, in dem sich ein Mann pausenlos mit seinem Telefon unterhält?

Denn das ist die Geschichte: Theodore Twombly erhält ein neues Betriebssystem für seinen "personal assistant". Das hat im Original die schöne rauchige Stimme von Scarlett Johansson und zudem eine eigene Persönlichkeit. "Samantha" (wie sie sich selbst nennt) gibt Theodore Ratschläge fürs Liebesleben, organisiert seine Mails und hilft ihm über schwierige Einschlafphasen hinweg.

Weil Spike Jonze (Adaption; Wo die wilden Kerle wohnen) offenkundig in den letzten 60 Jahren keine einzige SF-Geschichte gelesen hat, verhandelt der Film in einer endlosen Monolog/Dialog-Strecke so brandneue Fragen wie: Was ist Bewusstsein ohne Körperlichkeit? Verlieben sich virtuelle Intelligenzen wirklich in biologische Wassersäcke (wie Menschen mal so zutreffend in Star Trek genannt wurden)? Und wer bringt eigentlich den Müll raus?

Weil Her eine SF-Romanze sein soll und andererseits der Etat wohl nicht üppig ausfiel, kann der Film nicht richtig zeigen, wie unsere Zukunft aussehen könnte. Neben einer enervierend aufdringlichen Farbdramaturgie sehen wir also vor allem immer wieder das große, eitle Gesicht von Joaquin Phoenix, der als lernender Nerd die Vorteile irrealer Liebesbeziehungen auslotet.

Die Geschichte ist jederzeit vollkommen vorhersehbar, die Dialoge sind so uninspiriert entworfen wie ihre Umsetzung verfilmt wurde. Immer wieder sehen wir Phoenix' Gesicht in Nahaufnahme, gegengeschnitten gegen Texturen der Wirklichkeit: Die Fasern einer Wolldecke, die Körnung einer Straße. Da stellt sich eines gegen das andere. Her ist: einer Wolldecke beim Dasein zusehen. Oder Joaquin Phoenix beim Telefonieren. Der ist so in seine Großaufnahmen verschossen, dass er das Spielen ganz eingestellt hat. Philip Seymour Hoffman hätten wir sogar als telefonierende Wolldecke spannend gefunden.

Thomas Friedrich

USA 2013 R & B: Spike Jonze K: Hoyte Van Hoytema D: Joaquin Phoenix, Scarlett Johansson, Amy Adams, Olivia Wilde. 126 Min.