VAN HELSING


Es lebt!

Die Liga der untoten Gentlemen bittet zum Monsters Ball

Cineasten fliehen entsetzt und Trash-Fans übergeben sich: lang schon nicht mehr klafften Vorab-Propaganda ("Das Abenteuer hat einen Namen") und First-View-Häme ("Noch dümmer als Abbott und Costello") weiter auseinander als bei diesem als erster Blockbuster des Sommers geplanten FX-Spektakel. Nähern wir uns ihm also vorsichtig.
Regisseur Stephen Sommers durfte nach seinen zwei effektvoll-ironischen "Mumien"-Filmen noch mehr Geld ausgeben und fast alle Unholde aus dem Universal-Copyright-Archiv aufeinander hetzen. Und derart viele Anspielungen auf andere Kino-Mythen verarbeiten, dass der größte Teil des Hundertmilionen Dollar Budgets wohl gar nicht für die erstaunlichen computergenerierten Effekte drauf ging sondern für die Lizenz-Gebühren.
Graf Dracula lässt Doktor Frankenstein sein Monster bauen, um mit der Blitz-Technologie die eigene Brut in "Alien"-Kokons zum Leben zu erwecken. Monster-Jäger Van Helsing (Hugh "Wolverine" Jackman) killt den Glöckner von Notre Dame, weil der eigentlich Mr. Hyde ist, auch wenn er wie der Hulk aussieht. Und im Vatikan verschwören sich Popen, Sikhs und Buddhas, um Zorro in der Gestalt von Django unter dem Namen Van Helsing gegen das Böse dieser Welt nach Osteuropa zu schicken. In Begleitung von James Bonds "Q", der offensichtlich aus "Der Name der Rose" angeworben wurde.
Für Zitat-Sucher ist "Van Helsing" ein Fest. Nur leider liegen zwischen den Wiedererkennungs-Szenen (oh: "Stagecoach", juhu: "Indiana Jones") zu viele fragwürdige Momente. Warum haben nackte Vampirinnen keine Brustwarzen? Wieso hat Frankensteins Monster ein elektronisch brizzelndes Hirn und Herz? Wo ist eigentlich der erste Wolfsmann hingekommen? Müsste nicht der Held wenigstens so zerrissen sein wie in "Blade"?
Die genaue Story-Line ist aber ebenso unerheblich wie die Psychologie der Figuren. Es geht zu, wie beim Plastik-Indianer-Kegeln im Kinderzimmer. Da kann man auch den groß angekündigten Show-Down zum 12ten Schlag der Uhr einfach schludern, weil der Regisseur sowieso keine zwei Ereignisse zugleich erzählen kann; sondern nach Schlag eins komplett den Takt verliert.
In jeder klassischen Analyse ist Van Helsing also ein Dreck. Aber dahinter ist noch was: immerhin darf Frankensteins Monster genau so berechtigt "ich will leben" rufen wie Graf Dracula; immerhin darf Van Helsings Hilfs-Mönch dem Vatikan untreu werden; und - obwohl das auch der größte Fehler sein könnte - Helferlein und Van Helsing reiten am halb-happy End in den Sonnenauf- statt -untergang. Weil Hugh Jackman schon einen Vertrag für das Sequel hat? Weil Kate Beckinsale so schön brennt?
Van Helsing wollte so bunt und mytho-klysmisch sein wie Godzilla. Aber wo der echte die Innenstädte zertrampelte, marodiert "Van Helsing" nur in einem erfundenen Europa. Ein Fressen für National-Psychologen. Der amerikanische Held wird nicht mal richtig tragisch, wenn er über die Leiche der guten Frau gehen muss. Man muss den Film mit einer Zunge in der Backe und einem Finger am Abzug sehen. Die alberne Gatling-MG-Armbrust des Helden wendet sich, gerade weil der Film es nicht zeigt, gegen ihn selbst.

WING
USA 2004. R,B: Stephen Sommers, K: Allen Daviau, D: Hugh Jackman, Kate Beckinsale, Richard Roxburgh, David Wenham