DAS HAUS AM MEER Finale Leiden
Kevin Kline stirbt - und alles wird gut Wenn den Drehbuchautoren in Hollywood die Ideen ausgehen, dann greifen sie gerne zum "Unheilbare Krankheit"-Joker, um den sentimentalen Input ihrer Tränenmelkergeschichten zu erhöhen. Die banalsten Tätigkeiten bekommen im Angesicht des nahenden Todes der Hauptfigur ungeahntes dramatisches Gewicht. Häuserbauen z.B. ist eine relativ normale Angelegenheit. Ist der Bauherr, wie George Monroe (Kevin Kline) in Irwin Winklers Das Haus am Meer , jedoch mit einem tödlichen Krebsleiden geschlagen, erwächst daraus ein metaphorisch aufgeladenes Melodram. Monroe ist eine verkrachte Existenz. Das Schönste in seinem Leben ist der Ausblick aus dem Fenster. Sein Haus steht hoch über den Klippen im sonnigen Kalifornien - eine Bruchbude vor malerischem Abgrund. Monroes Frau hat bereits vor einigen Jahren das Weite gesucht und ist nun mit einem reichen Stinker verheiratet. Der gemeinsame Sohn Sam (Hayden "Star Wars" Christensen) ist ein wandelnder Elternalptraum: Gruftie-Make-Up, Mehrfach-Piercing, Heavy-Metal-Beschallung, Klebstoff-Schnüffeln - das volle Teenager-Programm. Als Monroe seinen langjährigen Job als Modellbauer in einem Architekturbüro verliert und kurz darauf erfährt, dass der Krebs ihm nur noch wenige Monate leben lässt, beschließt er, sein verlottertes Dasein final umzukrempeln. Zusammen mit seinem widerspenstigen Sohn reißt er den alten Kasten - ein Erbstück des verhassten Vaters - ab und beginnt, sein Traumhaus auf den Klippen zu errichten. Die Arbeitstherapie lässt die kränkelnde Psyche des Sohnemannes schnell genesen, während der Aktiv-Vater im Geheimen vor sich hinleidet. Auch Robin (Kristin Scott Thomas) fühlt sich vom neu erwachten Elan ihres Ex-Gatten angezogen. Soviel Gefühl am Bau eint nicht nur die Familie, sondern auch die zerstrittene Nachbarschaft. Wenn nicht vor malerischem Sonnenuntergang gehämmert und gesägt wird, liegen sich alle wechselseitig in den Armen und haben sich furchtbar lieb. Kevin Kline und Kristin Scott Thomas versuchen mit schauspielerischer Zurückhaltung den Kitschquotienten herunter zu dimmen. Gegen Irwin Winklers betulichen Regiestil, das sentimental überladene Drehbuch von Marc Andrus und Mark Ishams penetranten Zuckerguss-Sound können sie jedoch nichts ausrichten. Wenn der tapfere Häuslebauer schlussendlich von einem auffallend schmerzfreien Krebstod dahingerafft wird, ist das Publikum von ungleich größeren Qualen befreit.
Martin Schwickert
Life As a House. USA 2002 R: Irwin Winkler B: Mark Andrus K: Vilmos Zsigmond D: Kevin Kline, Kristin Scott Thomas, Hayden Christensen
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