HASCHISCH

Himmel die Berge

Daniel Gräbner weiß, wo der beste Stoff wächst

Grüne Hügel, weiße Nebel, ein wunderbares Licht über allem, weise Sprüche im Off, ledergesichtige Männer bei entbehrungsreicher Arbeit ... und die Kinder des Dorfes bezahlen den Wander-Eis-Dealer mit frisch gepflücktem Kif.
Alles lebt hier oben von den Blättern der Hanf-Pflanze, deren traditioneller Anbau nur hier, an den Hängen des Rif-Gebirges in Nord-Marokko, erlaubt ist. Nur die Blätter darf man für den Eigengebracuh ernten, sieben, trocknen, rollen, rauchen. Richtiges Haschisch aus dem Harz der Pflanze zu gewinnen, ist dagegen streng verboten. Trotzdem kommen 2/3 des europäischen Bedarfs hier her. Und vom alten Kulturgut Kif exportieren etwa 200.000 Bauern die zweite Siebung auf verschlungenen Wegen, den Stoff der ihnen zu schal schmeckt.
Das ist die Situation. Reizvoll genug für Daniel Gräbner, sich als Abschlussarbeit an der Kölner Medien-Kunsthochschule mit einer Digitalkamera in das fast hermetisch abgeschottete Gebiet zu schleichen, sich in langer Vorbereitung das Vertrauen einiger Bewohner zu erarbeiten und 20 Stunden Dokumentarmaterial unauffällig ausser Landes zu bringen. Aus denen wurden nun 80 Minuten, die etwas fahrig zwischen Beschwörung einer Idylle und ihrer Entlarvung schwankt. Daniel Gräbner lässt Marokkos Männer einfach erzählen, von der harten Arbeit, vom fernen Staat, von Streitereien zwischen Klein- und Großbauern, von einem, der lieber studieren als kiffen will, von einem, der unbedingt auswandern wollte und nun doch wieder hier sitzt. Aber auch von den Alten, die den Rausch als Lebensweisheit rühmen.
So richtig gut geht es keinem hier. Das echte Geld verdienen andere anderswo mit dem Rauschmittel. Oder mit staatlichen Förderprogrammen (auch der EU), die den Obstbau als Alternative verlockend machen sollten. Die Bauern pflücken weiter Hanf, die Frauen, die nicht zu Wort kommen, dreschen Blätter und Blütenkapseln ab, die Eisverkäufer verkaufen ihre Bündel abends in der Stadt gegen richtiges Geld. Es lässt sich so gerade eben leben in der Hoffnungslosigkeit, mehr ist aus Haschisch nicht zu lernen.

WING

D 2002, 80 Min, R. & K.: Daniel Gräbner