»HAPPY, TEXAS«

Gay Fake

Eine gnadenlos nette Stadt in Texas

Als Wayne (Steve Zahn) und Harry (Jeremy Northam) ein klappriges Wohnmobil stehlen, eröffnen sich für die beiden entflohenen Strafgefangenen unverhofft neue Welten. Nach ein paar Meilen werden sie vom örtlichen Gesetzeshüter angehalten. Aber statt sie zu verhaften, eskortiert Sheriff Chappy (William H. Macy) die beiden ins Städtchen Happy im Bundesstaat Texas. Happy ist ein überschaubarer Ort grenzenloser Gutmütigkeit. Haustüren und Banktresore werden hier nur selten abgeschlossen, und die Eingeborenen fiebern den Neuankömmlingen schon aufgeregt entgegen. Der gestohlene Wagen gehörte nämlich einem schwulen Paar, das bewaffnet mit Nähmaschine und Schminkköfferchen die texanische Provinz bereist, um Vorschulkinder für lokale Schönheitswettbewerbe zu trainieren. Augenzwinkernd beteuern die Bewohner ihre Vorurteilsfreiheit gegenüber Andersufrigen, und die beiden Knackies sehen sich gezwungen, die neue ungewohnte Rolle anzunehmen. Wayne muss sich als ausgewiesener Kinderhasser mit den lieben Kleinen beschäftigen, während Harry ein Auge auf die Bankangestellte und ihren Tresor geworfen hat. Aber irgendwie erstickt die Vertrauensseeligkeit der Provinzler alle kriminelle Energie, und die Kids finden den Trainer, der ihnen lieber Boxen, als Tanzen beibringt, ziemlich cool. Nur die neue sexuelle Identität ist für die beiden Stock-Heteros schwierig zu handhaben. Wayne verliebt sich in die Lehrerin, Harry in die Bankkassiererin und Sheriff Chappy gesteht wiederum Harry seine homoerotische Zuneigung. Ein Massen-Coming-Out wird unvermeidlich.
Das grundgütige Bild, dass Regiedebütant Mark Illsey von der texanischen Provinz schildert, mag vielleicht nicht ganz der gesellschaftlichen Realität entsprechen, aber gerade aus der positiven Enttäuschung der Erwartungshaltung zieht der Film seine komischsten Momente. Zu den besten Szenen gehört das Coming-Out des uniformierten Sheriffs während einer romantischen Karnickel-Jagd und ein Country-Musik-Club, in dem lauter schwule Cowboys Square-Dance tanzen. William H. Macy ( Fargo ) spielt den unglücklich verliebten Polizisten mit eindringlicher Zurückhaltung und jenseits aller Tuntenklischees.
Happy, Texas ist ein Film, der es allen recht macht. Oma, Vati, Tochter und der schwule Onkel aus Berlin können hier einen konsensfähigen Kinoabend verbringen. Ganz ohne Risiken und Nebenwirkungen ist die simple Story gestrickt, oft droht der Film an der eigenen Gutmütigkeit zu ersticken.
Mit ein bisschen mehr Tabasco hätte aus Happy, Texas eine feurige, grenzüberschreitende Verwechslungskomödie werden können, aber so reicht es nur für einen weiteren nett-belanglosen Film.

Martin Schwickert