HANNIBAL RISING
Weg ins Licht
In dem Prequel lernen wir, wie der Kannibale auf den Geschmack kam
Nachdem Mr. Lecter in Hannibal das Hirn seines Widersachers ausgelöffelt und stilvoll in der Pfanne flambiert hatte (während der mit geöffnetem Schädel dabei zusehen durfte), war die Geschichte des populärsten Kannibalen der Filmgeschichte in eine Sackgasse geraten.
Und wie immer, wenn Hollywood nicht mehr weiter weiß, aber dennoch aus einem installierten Erfolgsfilm, den letzten Dollar herauspressen will, dreht man die Zeitmaschine zurück. Batman Begins, Exorzist - Der Anfang, Texas Chainsaw Massacre: The Beginning - ja sogar der letzte Bond konnte sich dem Trend zu Prequel nicht entziehen.
Hier wird nun über Kindheit und Jugend des stilvollen Monsters berichtet und wie es dazu kam, dass Hannibal Lecter seinen menschfleischlichen Gelüsten nachgeht. Ein Kindheitstrauma muss her, um die ungewöhnliche Perversion zu erklären.
Klein-Hannibal wächst während des Zweiten Weltkrieges in Litauen auf und muss, nachdem die Eltern bei einem deutschen Fliegerangriff ums Leben gekommen sind, mit ansehen, wie seine kleine Schwester von hungernden baltischen SS-Gehilfen verspeist wird. Der Junge spricht danach kein Wort mehr und wird von nächtlichen Alpträumen gequält. Mit 16 flüchtet er aus dem sowjetischen Waisenheim zur westlichen Verwandtschaft nach Frankreich. Der Onkel ist zwar kürzlich verstorben, aber dessen überaus attraktive japanische Frau (Gong Li) nimmt Hannibal bei sich auf. Bei ihr lernt er fernöstliche Kampfkunsttechniken und den Umgang mit Klinge und Schwert. Gute Voraussetzungen für eine Rachefeldzug, den der junge Mann gegen die Mörder seiner Schwester plant. Einer nach dem anderen, muss für seine kannibalistischen Sünden büßen - und dabei kommt der junge Rächer selbst auf den Geschmack.
Obwohl Thomas Harris, der die Romanvorlagen schrieb, selbst das Drehbuch geschrieben hat, versagt der Film in seiner Eigenschaft als Prequel. Zu wenig hat die Vorgeschichte mit dem Wesen des stilvollen Kannibalen aus Das Schweigen der Lämmer zu tun. Das psychologische Erklärungsmuster ist mit dem brutalen Kindheitstrauma etwas schlicht ausgefallen und führt eher zu einer Banalisierung der schillernden Kannibalenfigur. Um in Gaspard Ulliel einen jungen Anthony Hopkins zu entdecken, muss man ebenfalls einige Fantasie aufwenden.
Nimmt man Hannibal Rising für sich allein, kann er als solider Rachethriller bestehen. Regisseur Peter Webber hat schon in Das Mädchen mit dem Perlenohrring bewiesen, dass er sich in dunklen Schattenwelten sicher bewegen kann. Hier sorgt er dafür, dass die blutigen Effekte elegant verwischt werden und die einfach gestrickte Story kunsthandwerklich ein wenig aufgewertet wird.
Martin Schwickert
GB/F/USA 2007 R: Paul Webber B: Thomas Harris K: Ben Davis D: Gaspard Ulliel, Gong Li, Rhys Ifans , 117 Min.
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