HALBE MIETE


Wohnungs-Hacker

Schnorren im großen Stil

Peter verdient seine Brötchen mit Code-Knacken und Datenklau - er ist Profi-Hacker und treibt seine vernachlässigte Freundin mit seinem Workaholismus in den Selbstmord. Noch bevor die Sanitäter Julies Leiche aus der Wohnung holen, haut er ab und setzt sich in den nächsten Zug nach Köln. Nur mit Notebook im Gepäck, versucht er dort eine Bleibe zu finden. Das abgewrackte Hotel, das er zunächst aufsucht, schreckt ihn so sehr ab, dass er beschließt, seine Hacker-Kenntnisse nicht mehr nur virtuell anzuwenden. Teils durch Zufall, teils durch Geschick ergattert er diverse Schlüssel und schleust sich in die Wohnungen fremder Leute ein, um in deren Abwesenheit zu schlafen, zu essen, zu duschen. Nach und nach sinkt dabei seine Hemmschwelle - er dringt in das Leben seiner Hauptmieter ein, indem er aufräumt und Nachrichten hinterlässt. Dabei verliebt er sich in die neurotische Paula ...
Man sollte Regisseur Marc Ottiker dafür loben, dass er mit 1/2 Miete immerhin keinen typischen Großstadtfilm abliefert. Die Idee, einen Hacker sein illegales Log-in-Knowhow in der Realität erproben zu lassen, ist originell und weckt erstmal Interesse. Allerdings hätte man mehr daraus machen können; was im Presseheft als kühler Charme bezeichnet wird, ist eher eine unterkühlte Atmosphäre, die zum Schluss etwas auftaut. Das führt zu einem halbgaren Ende, das das Gefühl noch bestätigt, dass hier irgendwas fehlt.
Die schauspielerisch besten Leistungen erbringen die Nebendarsteller: Doris Schretzmayer als Paula kann man als Geheimtipp bezeichnen, Alexander Beyer als ihr komplizierter Nachbar ist in dieser Rolle so brillant wie in jeder anderen. Dagegen wirkt Hauptakteur Stephan Kampwirth erschreckend farblos und dürfte es schwer haben, die Publikumssympathien auf sich zu ziehen. Das verwackelte Bild der Handkamera nervt streckenweise schon sehr, und man fragt sich, ob der DV-Look in diesem Film überhaupt Sinn macht. Ottiker sieht die digitale Ästhetik als Nachhall aus der digitalen Welt, aus der er (Peter) kommt - es bleibt ein Fragezeichen und die Feststellung, dass es keinen bezeichnenderen Filmtitel hätte geben können.

Michaela Sommer
D 2002. R+B: Marc Ottiker. K: Stefan Runge. D: Stephan Kampwirth, Doris Schretzmayer, Alexander Beyer