»HACKERS«

Data Skater

Schockwellenreiter auf der Baudrate

Wahnsinn, ein 28 8er!" Wenn Du das verstehst, verstehst Du sicher nicht, wieso Hollywood nicht Dich als technischen Berater für den internettesten Film des Jahres engagiert hat. Oder uns.
Aber wenn Sie nicht mal den Unterschied zwischen Puls- und Ton-Wahl kennen, verstehen Sie garantiert nicht, wie die jungen Helden hier allein mit Diktaphon und Pac-Man-Clone eine Tanker-Katastrophe aufhalten können.
Es kann aber auch alles nur an dem hurtig und hirnlos zusammengecutteten Beta-Screen-Release liegen. Plot-Flaws, Continuity-Bugs, ein Fließkoma (sic) im Spannungsbogen ... wäre Hackers ein Prozessor, wäre der verdammt nah am Pentium: laut (vor allem im Sub-Woof), bunt (viel mehr Farben als das Auge faßt), mega-hip ("West Side Maria" meets "Johnny Mnemonic" vs. "TKKG" und der DoubleCrossOverDrive) - und meta-hype: die Hackers -Promotion im Internet wurde von der Filmfirma zur Aufmerksamkeitsförderung selbst und zum Schein gehackt; die echte Scene aber gähnte.
Trotzdem: man unterhält sich, wenn man bloß nicht an Computer denkt. Obwohl die Story scheinbar davon handelt, wie ein Alt-Hacker (trägt lange Mäntel, fährt Skateboard und schläft mit einer Frau im Business-Kostüm, iihh bäh), aus genau der Firma, die ihn als Sicherheitsberater eingestellt hat, scheffelweise Cyber-Dollars abgreift. Als zufällig harmlose Jung-Hacker (fahren Inliners, tragen alles durcheinander und schlafen bestenfalls bei Freunden, wer's glaubt) über seinen Klau-Code stolpern, erfindet er zur Tarnung eine Virus-Erpressung (Kohle her, oder eure Ölfracht fällt ins Wasser), an der die Kids Schuld sein sollen.
Erst sorgt das Eingreifen der überforderten Staatsorgane (Typ: SEK vs. duschende Teenies) für ein paar Lacher, dann sammelt sich die verfolgte relative Unschuld (wer noch keine Bank geknackt hat, gehört nicht zu uns - wer aber Geld mitnimmt, ist uncool) weltweit zur Rettung des Guten am Netz ... und am Ende kriegen sich genau die beiden, die als anfangs unversöhnliche Kontrahenten an der Games-Konsole natürlich füreinander bestimmt waren.
Das sind die Hauptgründe für das unterhaltsame Wohlgefühl bei Hackers : die Hacker selbst, sympathisch, unprätentiös, mit den typischen Ticks und Macken, die Mark Twain selig schon am Anfang der Schreibmaschinenzeit als Abenteuer-Garn-Masche empfahl - und die durchgehaltene Schwarz/Bunt-Sicht der Welt: hier das System und seine Schmarotzer, etabliert, überholt, oft dumm, bestenfalls smart, und im Kern längst den eigenen Werten untreu ... dort die Phreaks, verrückt, vollgestopft mit Media-Junk (finde 12 Zitate aus Kult-Filmen der letzten drei dutzend Jahre), super-individuali-expli-allegorisch (mit Mary Poppins zu reden), aber auch weltweit teamfähig, und vor allem bereit, für Freunde und anfangs noch widerspenstige Geliebte die Frisur zu ruinieren.
Womit die Kids, andererseits, kaum daß sie Baudrate von Bitstream unterscheiden können, schon wieder fürs System gewonnen wären. Ohne es zu merken. Was man, wenn man über drei Dutzend Jahre alt ist, besonders daran merkt, daß der übriggebliebene Hippie, der von "Real Genius" bis "Rasenmähermann 2" allen nachfolgenden Generationen ein Vorbild an Gesellschafts-Skepsis wie an Techno-Freakness ist, hier gar nicht erst vorkommt. Oder, wenn man jünger und/oder dümmer ist, daran sehen könnte, daß die marktfähigen Jugendkulturpassagen in Hackers (Crossover-Mucke, Technoides, High-School-Girlism incl. notorischem Kondom-Witz) viel besser gelungen sind als die "virtuellen". Es geht nicht ums Computer-Wesen, Kids, ihr sollt das bloß kaufen.

WING