Grand Budapest Hotel Vollversammlung Wes Andersons Filme sind immer ein wenig wie ein Klassentreffen Von seinen frühen Werken Rushmore und The Royal Tenenbaums über Tiefseetaucher und Darjeeling Limited bis hin zu seinem letzten Film Moonrise Kingdom hat er sich einen festen Stamm an schauspielerischen Mitarbeitern aufgebaut, die er nun zu einer Vollversammlung ins Grand Budapest Hotel eingeladen hat. Die illustre Gästeliste umfasst Ralph Fiennes, Bill Murray, Tilda Swinton, Edward Norton, Jeff Goldblum, Léa Seydoux, Willem Dafoe, Saiorse Ronan, Jude Law, Harvey Keitel, Adrian Brody und Tom Wilkinson. Das Etablissement steht in der fiktiven mitteleuropäischen Stadt Zubrowka, die ihre Blütezeit als mondäner Kurort um die Jahrhundertwende hatte. Schnell springt die Erzählung durch eine doppelte Rahmenhandlung von der Gegenwart über die sozialistische Tristesse der achtziger Jahre hinein in die goldene Zeit des hochherrschaftlichen Hotels. Hier regiert in lilafarbener Livree Monsieur Gustave H. (Ralph Fiennes), der seinen gutbetuchten Gästen jeden Wunsch von den Augen abliest. Das gilt besonders für die älteren Damen, um deren seelisches und sexuelles Wohlergehen sich der charmante Concierge eingehend kümmert. Gustaves Existenz gerät ins Strudeln, als Madame Céline Villeneuve Desgoffe und Taxis (Tilda Swinton) verstirbt und dem hingebungsvollen Hotelfachmann ein millionenschweres Renaissance-Gemälde vermacht. Das ruft die raffgierige Verwandtschaft (Adrian Brody, Willem Dafoe) auf den Plan, die dem Erben an den Kragen gehen will. Derweil rollt die Zeitgeschichte über Zubrowka hinweg. Ein Krieg kündigt sich an, kriminelle und weltpolitische Machenschaften greifen ineinander, die das Leben im Hotel empfindlich beeinträchtigen. Auch wenn Grand Budapest Hotel in den Wirren der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts angesiedelt ist, fühlt sich Anderson keineswegs einem historischen Naturalismus verpflichtet. Wie in all seinen Filmen erkennt man auch hier in jeder Einstellung die Inszenierung und die stilsichere Komposition der Bilder. Mit liebevollem Blick orientiert sich Anderson an der mondänen K.u.K.-Architektur und baut seine Filmsets zu farbenprächtigen und ästhetisch kohärenten Puppenstubenräumen aus. Jedes Bild ist hier ein Augenschmaus und dass die Darsteller wie hineingestellt wirken, gehört zum Konzept, das die Erinnerung an die längst vergangene Wirklichkeit amüsiert verfremdet. Den Mühlen der gewalttätigen Historie stellt Anderson, der sich hier vom schriftstellerischen Werk Stefan Zweigs inspirieren ließ, seine liebevoll gezeichneten Charaktere und einen Concierge entgegen, der auch in barbarischen Zeiten Anstand und Contenance bewahrt. Ralph Fiennes spielt den zivilisierten Helden mit einem poesievoll verschlungenen Sprachduktus und einer gewissen Verschmitztheit, die sich gut in den etwas surrealen Bildkontext einfügt. Wie in seinen früheren Filmen glänzt Anderson auch hier mit einer verspielten Perfektion, die im Artifiziellen immer eine Leichtigkeit und cineastische Vergnügtheit bewahrt. Martin Schwickert GB/D 2014 R: Wes Anderson B: Wes Anderson, Hugo Guinness K: Robert D. Yeoman D: Ralph Fiennes, Tony Revolory, Edward Norton. 99 Min.
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