GLIMMER MAN
Auf Wurfweite
Menschenverachtung hat einen Namen: Steven SeagalUnd ein Gesicht: immer dasselbe. Hinter dessen glatter Fassade nicht nur das Charisma eines Fertig-Knödels hockt (nichts dagegen, der schmeckt auch immer gleich), sondern auch der geniale Geist, der zwei von drei Filmmusiken seines 9. Films in 8 Jahren ersann. Und sie von Taj Mahal und Jeff Healey einspielen ließ, was verständige Kenner von vornherein nur mit geschlossenen Ohren ins Kino gehen läßt.
Die Augen kann man aber auch zu machen, denn bei S.S. ist alles wie immer: Stevie gibt sich als Schweiger mit Vergangenheit, dann hat er einen Krümel im Hals und reagiert über. Und weil er keinen Schlag-Schatten haben will, macht er ein paar so coole Sprüche beim Kriminellen-Aufschlitzen, daß echten Verbrechern schon auf Wurfweite der Magen aus dem Kragen träte, kriegten sie das mit.
Diesmal haut sich der gelernte Buddhist und Gürtel-Träger durch einen Plot, der Rambo und Sieben auf einen Streich erledigen will. Inclusive Lethal Weapon. Ein Serienkiller mit pseudo-religiösen Motiven und ein CIA-Chef mit uramerikanischem unmoralischem Gewinnstreben haben gar nichts miteinander zu tun. Ein fieser Industriemöpp fudelt die Story aber so zusammen, daß "Hau schon mal drauf"-Stefan und sein Ermittlungspartner (Keenen "Git You Sucka" Wayans) sich beinahe zerstreiten. Nur nicht so richtig, weil das Drehbuch das nicht hinkriegt, das ständig nach den großen Vorbildern schielt - und immer danebenguckt: Buddies streiten im Streifenwagen über's Essen, Buddies reiten sich in die Scheiße, Buddies hauen sich wieder raus, Buddies lassen Tanklastzüge explodieren, foltern wichtige Zeugen, erschießen Verdächtige, fallen folgenlos vom Dach und kriegen am Ende nur Nasenbluten ab.
Das einzig Positive an Glimmer Man bricht ihm endgültig das Genick: dem sturen Klopper Seagal - immer der Gute, immer mißverstanden und irgendwie weise wie eine Rasierklinge - einen schnoddrigen Partner zu geben. Das unterhält zwar schlichtere Gemüter mit Zank und Zoten, aber im dabei unumgänglichen Wechselspiel enttarnt sich Seagal endgültig als der Laminat-Boden unter den Action-Vermöblern. Ein van Damme z.B. ist dagegen Intarsien-Arbeit.
Richtig Kämpfen kann er übrigens auch nicht mehr. Die Kamera springt heran, wenn Seagal mit den Armen wedelt, cut hier, cut da, ein "umpfh" im Ton, und Gegner schliddern in die Gegend. Was anderen Helden effektvoll fotografierte Todeskralle oder Blutgrätsche ist, daß macht S.S. mit dem Pferdeschwanz allein. Wenn er nicht gerade der halben Russen-Mafia von L.A. mit einer Kreditkarte den Hals aufschlitzt - oder ansatzlos von der Kampfmaschine zum Kalauer-Killer mutiert: "wegen Renovierung geschlossen" schmunzelt er ins Telefon, nachdem er das Lokal des Ex-Chefs argumentativ zerstückte - dann schaut er in die Runde, ob auch alle zugucken, und witzelt dann noch einen drauf "ich schätze bis zum nächsten Frühjahr." Himmel, nein, da halten wir es doch lieber mit Herrn Wayans, der am Ende schwarz und grün und blau gehauen in die Ambulanz geschoben wird: "Ruf mich nicht an, Besuch mich nicht, Schick mir keine Blumen ...". Mindestens bis zum nächsten Jahrhundert.
WING
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