GELIEBTE CLARA

Mutter macht's

Ein pointiertes Portrait der Schumann-Gattin Clara

Nostalgische Euroskeptiker werden sich erinnern: Von 1990 bis Ende 2001 schmückte Clara Schumann den 100 DM-Schein. Die begnadete Pianistin war zu ihrer Zeit jedoch weit mehr als bloß ein beruhigendes Gefühl im Geldbeutel. Ohne Schumann wäre die deutsche Romantik nicht zu dem Exportschlager geworden, der sie heute ist. Davon jedenfalls ist die Regisseurin und Drehbuchautorin Helma Sanders-Brahms überzeugt, eine Nachfahrin von Johannes Brahms, nebenbei. In ihrem Drama Geliebte Clara zeigt sie, wie die Königin der Konzertsäle angeblich wirklich war: eigensinnig, willensstark und hochbegabt.

Körperlich geschwächt und mental ausgebrannt, wünscht sich der gefeierte Komponist Robert Schumann (Pascal Greggory) Mitte des 19. Jahrhunderts nichts sehnlicher, als endlich sesshaft zu werden. Bereitwillig nimmt er daher eine Anstellung als städtischer Musikdirektor in Düsseldorf an. Doch die Arbeit mit Menschen ist ihm schnell zuwider. Der scheue Schumann verkriecht sich lieber in der Musik.

Folglich muss seine Gattin Clara (Martina Gedeck) in die Bresche springen und das Orchester leiten. Von einer Frau und fünffachen Mutter herumkommandiert zu werden, stößt den männlichen Musikern allerdings mächtig sauer auf. Trotz großartiger Erfolge regt sich bald massiver Widerstand gegen die Schumanns. Aber auch im eigenen Heim droht Ungemach. Als der immer labiler werdende Robert den aufstrebenden Komponisten Johannes Brahms (Malik Zidi) bei sich aufnimmt, steht Clara plötzlich zwischen zwei Männern.

In Geliebte Clara überstrahlt Clara Schumanns Rolle als Frau den musikalischen Hintergrund. Zwar ertönen diverse Kompositionen der drei Musiker, die grundlegende Handlung spielt sich jedoch außerhalb der Konzertsäle ab. Helma Sanders-Brahms ist in erster Linie daran gelegen, eine starke Frau zu skizzieren, die sich nicht mit ihrer Rolle als Mutter abfinden will. Ihre Clara hat ihren eigenen Kopf und ist zugleich der ruhende Pol, der die Familie entschlossen zusammenhält. Claras Einsatz ist es zu verdanken, dass ihr Mann nicht schon nach wenigen Tagen seine Düsseldorfer Anstellung wieder verliert. Zudem ist sie Vermittlerin zwischen dem offensichtlich schwer kranken, später sogar drogenabhängigen und suizidgefährdeten Robert und dem kindlich verspielten Brahms, zu dem sie große Zuneigung empfindet. Trotzdem bleibt sie ihrem Gatten loyal verbunden. Und das weit über dessen Tod hinaus.

In der weiblichen Hauptrolle zeigt Martina Gedeck, die zuletzt als RAF-Terroristin Ulrike Meinhof in "Der Baader Meinhof Komplex" zu sehen war, erneut eine bravouröse Leistung. Sie schafft es vorzüglich, Clara Schumann zugleich mit äußerer Stärke und innerer Zerbrechlichkeit auszustatten. Neben Gedeck glänzt Pascal Greggory im Part des verschrobenen Robert Schumann, dessen Charakter im Verlauf des Films immer schizophrenere Züge annimmt.

Mit Geliebte Clara ist Sanders-Brahms ein äußerst privates Porträt einer großen Künstlerin gelungen. Von Schumanns musikalischem Vermächtnis muss hingegen ein anderer Film berichten.

Oliver Zimmermann

D 2008 R: Helma Sanders-Brahms B: Nicole-Lise Bernheim, Helma Sanders-Brahms K: Jürgen Jürges D: Martina Gedeck, Pascal Greggory, Malik Zidi, Péter Takátsy