»EIN FREUND ZUM VERLIEBEN«

Papa ist schwul

So was gibt es nur im Film: Madonna als Mauerblümchen.

Wieder einmal ist Yoga-Lehrerin Abbie (Madonna) von einem Lover verlassen worden und die Erfüllung des Kinderwunsches damit erneut in weite Ferne gerückt. Die biologische Uhr tickt schmerzhaft laut in Abbies verpfuschten Liebesleben, einziger Seelentröster bleibt ihr schwuler Freund Robert (Rupert Everett). Nie um einen sarkastischen Spruch verlegen, beweist sich Robert immer wieder als echter Kuschel-Kumpel. Ausgerechnet am amerikanischen Unabhängigkeitstag kommt es nach gemeinsam durchzechter Nacht zu einem sexuellen Versehen mit fruchtbaren Folgen. Abbie ist schwanger, und Robert nimmt die Herausforderung als schwuler Vater an. Bis hierhin entwickelt sich John Schlesingers unorthodoxe Familiengeschichte recht vielversprechend. Madonna und Rupert Everett machen als halbplatonisches odd couple eine gute Figur und schlagen sich mit süffisanten Dialogen durch den homo- und heterosexuellen Gefühlsdschungel. Köstlich auch die Szenen, in denen sie ihren ungläubigen Freunden von der frohen Botschaft berichten und auf beiden Seiten für mildes Entsetzen sorgen. Dann spult der Film sechs Jahre weiter und verschenkt damit die interessanteste Phase des unkonventionellen Familienlebens. Wie gerne hätte man Rupert Everett beim Windelwechseln beobachtet, während Madonna in der Küche das Fläschchen zubereitet.
Sohn Sam hat sich schon zu einem amerikanischen Vorzeigekind mit herausgewachsener Ponyfrisur entwickelt und beginnt unbequeme Fragen zu stellen. Robert ist ein vorbildlicher Vater und köchelt sein schwules Liebesleben unauffällig auf kleiner Flamme. Auch Abbie widmet sich ganz ihrer Mutterrolle, bis der schmucke Geschäftsmann Ben (Benjamin Bratt) ihr Herz erobert und die fragile Familienkonstellation aus dem Gleichgewicht bringt. Innerhalb weniger Kinominuten wird die langjährige Freundschaft demontiert. Abbie mutiert zur skrupellosen Kindesentführerin. Einsam und rechtlos bleibt der schwule Bilderbuchpapa in der leergeräumten Wohnung zurück und kämpft vor Gericht ebenso vergeblich, wie herzerweichend um sein Kind. Gnadenlos stürzt sich die Komödie in ein drittklassiges "Kramer gegen Kramer"-Spektakel, das nach einigen unglaublichen Wendemanövern schließlich vollständig im Tränenmeer absäuft. Rupert Everett lieferte in der Oscar-Wilde-Verfilmung Ein perfekter Ehemann als geistreicher Dandy eine anbetungswürdige Vorstellung. Als tragische Figur ist er jedoch eine fatale Fehlbesetzung. Regieveteran John Schlesinger ( Asphalt Cowboy/Marathon-Man ) wäre besser auf Komödienkurs geblieben, denn hier liegt das eigentliche Potential von Story und Schauspielern. Nicht jeder Film muss witzig und tragisch zugleich sein.

Martin Schwickert