FREISCHWIMMER Ein zufälliger Tod Andreas Kleinerts Groteske meint es nicht gut mit den Menschen in der Provinz Mit der arroganten Geste des Siegers schnappt Robert seinem Mitschüler Rico das Éclair weg, beißt herzhaft hinein und windet sich kurz danach auf dem Boden der Umkleidekabine. Der Liebesknochen, der eigentlich für Rico bestimmt war, ist vergiftet. Das Ableben des arroganten Bestzeitschwimmers wirbelt bei Schülern und Lehrern festgefahrene Ressentiments auf. Während Regine (Alice Dwyer) Rico die Schuld am Tod ihres Freundes zuschreibt, scheint Direktor Quitter die Angelegenheit pragmatisch unter den Teppich kehren zu wollen. Der Deutschlehrer Wegner (August Diehl) freut sich sogar ganz offen über den Tod des Klassenschönlings, genauso wie Rico, der nun hofft, bei Regine bessere Chancen zu haben. Der Außenseiter steht im Zentrum der Geschichte, und Frederick Lau gibt der Figur eine eigenwillige Intensität, jenseits aller Identifikationsmuster. Dass es die Apothekermutter nach dem Tod des Vaters ausgerechnet mit dem dumpfbackigen Sportlehrer treibt, führt dazu, dass sich Rico in dem eigenbrötlerischen Wegner eine neue Vaterfigur sucht. Mit zahlreichen Falltüren hat Kleinert seine Dramaturgie ausgestattet. Immer wenn man glaubt, eine Figur zu kennen, klappt der Boden auf und lässt die Zuschauer in einen neuen Raum fallen, der immer düsterere Seiten der Kleinstadtpopulation aufdeckt Freischwimmer produziert ein schleichendes Unwohlsein, das durch sarkastische Humoreinlagen nur unvollständig aufgehoben wird. Kleinert spielt gezielt mit dem Bedürfnis des Publikums nach Identifikation und durchforscht mit einer gewissen Gnadenlosigkeit Sein und Schein im provinziellen Mikrokosmos. Martin Schwickert D 2007 R: Andreas Kleinert B: Thomas Wendrich K: Johann Feindt D: Frederick Lau, August Diehl, Fritzi Haberlandt, Dagmar Manzel, Alice Dwyer
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