FLAME


Die andere Sicht

Frauen in Befreiungskriegen in Afrika

Florence und Nyasha versorgen im rhodesischen Befreiungskrieg der späten siebziger Jahre die Guerillieros im Busch mit Lebensmitteln. Die beiden 15jährigen sind kaum aus ihrem Dorf herausgekommen und leicht zu beeindrucken. Der Anführer der Rebellen mit dem schmucken Namen "Comrade Danger" imponiert Florence enorm. Als wenig später ihr Vater von den weißen Militärs verhaftet wird, verlassen die beiden Freundinnen das Dorf, um sich im benachbarten Mozambique der Guerilla anzuschließen. Der Krieg macht aus den eher ratlosen Teenagern schnell erwachsene Frauen. Die langen Monate im Trainingslager sind von Hunger, sinnlosem Drill und Schikanen seitens der männlichen Mitkämpfer geprägt. "Flame", wie Florence sich jetzt nennt, wird von einem Genossen vergewaltigt, von ihm schwanger und verliert ihr Kind schon bald während eines Luftangriffes. Sie zerbricht nicht an diesen Erlebnissen, sondern wird zu einer harten, angesehenen Kämpferin. Ihre Freundin "Liberty" hingegen nutzt die Bildungchancen in der Armee für einen College-Abschluß. Ihre Wege trennen sich und als sie sich fünfzehn Jahre nach dem Ende des Krieges wiedersehen, müssen sie feststellen, das von der hart erkämpften Gleichberechtigung für die Frauen im befreiten Land nur wenig übrig geblieben ist...
Einen Film wie Flame glaubt man zunächst gegen alle Vorurteile verteidigen zu müssen. Zahlreich sind die Fallen, die ein solches Thema bietet: revolutionäres Pathos, plakative feministische Parteilichkeit oder blindwütiges Denunzieren der Guerilla bieten sich förmlich an. Aber die in Zimbabwe lebende, britische Regisseurin Ingrid Sinclair behandelt die heiklen Themen mit großer Besonnenheit. Ohne sich von den Zielen der Guerilla zu distanzieren, zeigt sie den Alltag im Freiheitskampf aus der Perspektive der Frauen, und die unterscheidet sich deutlich von postrevolutionärer Heldenmalerei. Bewußt unspektakulär wird die selbstverständliche Grausamkeit eines (notwendigen) Krieges in Szene gesetzt. In klaren, einfachen, poetischen Bildern zeigt Flame große Geschichte aus einer intimen und privaten Sicht. In Zimbabwe warfen Kriegsveteranenverbände dem Film "Pornographie" und "subversive Inhalte" vor, und zwischenzeitlich konfiszierten die Behörden die Rohschnittfassung. Als Flame endlich in die Kinos kam, wurde er dort und im benachbarten Südafrika schnell zum Kassenerfolg und leitete eine überfällige Diskussion über die weniger glorreichen Seiten des Befreiungskampfes ein.

Martin Schwickert